Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und Tokio
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Short Cuts & Kulturnotizen

Unlängst – Gerade soeben – Demnächst!
Was nicht dem Vergessen anheim fallen sollte – eine ganz subjektive Auswahl der Redaktion, nicht minder subjektiv kommentiert.


»Ein Quantensprung im Kulturangebot« …

… unter diesem Titel haben die Nürnberger Nachrichten am 25. November 2006 über ein Angebot ihres Verlegers Bruno Schnell an die Stadt Nürnberg berichtet, ihr eine Villa für einen Euro zu verkaufen, damit dort eine Fränkische Galerie eingerichtet werden könne. Die Stadt freut sich. Hier könnten auf rund 600 Quadratmetern Nutzfläche, dauerhaft und wechselnd präsentiert, die Bilder und Skulpturen der städtischen Sammlung gezeigt werden. Das sind gegenwärtig ca. 300 Werke, darunter Arbeiten von Michael Mathias Prechtl und Oskar Koller. Zusätzlich sollen die »Jungen Wilden«, also multimedial arbeitende Künstler, ihren eigenen Platz erhalten.
Der Oberbürgermeister hält die 1897 erbaute Villa für einen guten und würdigen Ort, um dort die Sammlung zu präsentieren. Die junge Kunst hätte ihren idealen Platz im Künstlerhaus.
Es ist gut möglich, daß mit der Fränkischen Galerie in der Villa der entscheidende Schlußstein gefunden ist für ein großes, zusammenhängendes Kunstquartier zwischen Königs- und Marientor, das sich eigenständig neben dem Neuen Museum für Kunst und Design am Klarissenplatz behauptet. Die Vielfalt der Nutzungen soll erhalten bleiben, vom Touristeninfo im Kopfbau am KOMM, dem Filmhauskino, dem Werkbund, dem Künstlerhaus/K4, dem Kulturhof, bis zur Kunsthalle. Das gesamte Projekt zu finanzieren, scheint keine unüberwindlichen Schwierigkeiten zu bereiten. Einmal sind die Kosten nicht übermäßig hoch, andererseits liegen Zusagen von Stiftungen und positive Signale des Freistaats vor. Die Villa fügt sich wunderbar in das Konzept, liegt sie doch nur wenige Gehminuten vom Künstlerhaus entfernt in der Blumenstraße 17. Der Gewinn an Ausstellungsfläche in der Villa ist wertvoll, aber überwältigend ist die Gesamtidee des Viertels. Kein Zweifel, mit der Verwirklichung des Kunstquartiers würde Nürnberg einige Plätze vorrücken im bundesdeutschen Vergleich.
Wo andere den edlen Sport des Quantenspringens üben, erfreuen wir uns in Würzburg an kleinen Hupfern. Auch hier gibt es eine ehemalige Verlegervilla, von großherzigen Erbinnen gestiftet. Man soll dort im Garten herrlich Würstchen grillen können.
Wer Visionen hat, sagte einst der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt, gehört ins Krankenhaus. An Krankenhäusern mangelt es nicht in Würzburg. Aber wo sind die Visionäre?
Ulrich Pfannschmidt


21. Januar – Burkarderstraße

Nach dem Überqueren der alten Mainbrücke stadtauswärts, oberhalb der Treppe, die zum Spitäle hinabführt – die Herren dreier Paare mittleren Alters, welche schon durch Formationslauf (eingehängt-schweigend-parallel) auf der Brücke unangenehm aufgefallen sind, üben sich in Konversation, offensichtlich angeregt durch den Titel der aktuellen Ausstellung im Spitäle – was etwa so klingt: »Rückkehr der Nasenbären …« – »Bruno der Bär.« – »Nasenbären …« – »Bruno lebt!« – »Du bist Bruno!!« … Tja, hier hat das Passieren eines Ausstellungsraumes immerhin noch Reste vergangener Schlagzeilen (vermutlich der BILD-Zeitung) hochgespült.
In einer anderen, dramatischeren Begegnung direkt vor dem Eingang zum Spitäle hat der Autor mit seiner Ehefrau beobachten müssen, wie ein angeheitertes, aufgekratztes Paar am Sonntagnachmittag an der Tür vorbeiläuft: Die Frau erspäht die Ausstellung durch das Glas und bekundet verbal ihr Interesse, »da doch mal reinschauen« zu wollen. Der Mann sagt »Nix da!« und zieht sie weiter. Sie protestiert leicht, woraufhin er etwas stärker zieht – und sie beide schutzsuchend im benachbarten Parkhaus vor einer wahrscheinlich eh nur flüchtigen Begegnung mit Kultur bewahrt.
Aber immerhin … [jk]



noch bis 4. März – Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

Die kleine, aber feine Ausstellung »Kinder! Bildnisse und Genreszenen« erarbeitete sich das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt aus dem eigenen Museumsbestand von 50 Papierarbeiten und 40 Gemälden. Die Sicht der Papierarbeiten ging am 14. Januar zu Ende, die Malereien sind noch bis Anfang März zu sehen. Der Besucher durchstreift die Säle, um in einer chronologischen Abfolge anhand von ausgewählten Exemplaren zu ergründen, welchen gesellschaftlichen Vorstellungen, Bedingungen und Einflüssen Kinder im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts unterworfen waren. Wobei der Blick auf das Kind von Künstlerpersönlichkeiten wie Fritz von Uhde (»Kind mit Puppen«, 1885) oder Thomas David Theodor Heine mit seinem »Knabenbildnis« von 1890 der seelischen Befindlichkeit gilt, weniger der väterlichen Position oder gar der Gattung Kinderbildnis. Ein besonderes Beispiel ist in diesem Sinne »Wilhelmine im Trachtenkleid« (1913) von Lovis Corinth. Der versonnen-konzentrierte Blick der vierjährigen Tochter des Malers schmückt auch die Ausstellungsbroschüre. [sum]
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10–17 Uhr; Donnerstag von 10–21 Uhr; Führungen samstags und sonntags 15 Uhr (n.V. unter Tel:09721-51917), Kinderprogramm sonntags 15 Uhr.

www.museumgeorgschaefer.de


Die Katholische Akademie Domschule in Würzburg eröffnet das neue Jahr mit einer hochkarätigen Tagung. »Sinnlichkeit und Sinn – von der Spiritualität der bildenden Kunst« heißt die eintägige Veranstaltung am Samstag, 27. Januar 2007, bei der von 9–17.30 Uhr im St. Burkardushaus (am Dom) über die Eigenständigkeit, aber auch die gegenseitigen Bezüge, auch Abhängigkeiten von Kunst und Religion vorgetragen und diskutiert wird. Es soll »konstruktiv und kritisch« geprüft werden, so heißt es in der Einladung, »welchen spirituellen Gewinn Kunst und Kirche voneinander haben können«.
Die ersten beiden Vorträge des Tages versuchen sich in Begriffsklärung: »Vom Geistigen in der Kunst« wollte ursprünglich die frühere Leiterin der Würzburger Städtischen Galerie, jetzt Chefin der Kaiserslauterer Pfalzgalerie, Dr. Britta Buhlmann, sprechen; nach ihrem Rückzug macht nun der Kunsthistoriker Dr. Dirk Toelke aus Aachen mit diesem klassischen und immer aktuellen Thema der modernen Kunst vertraut. Der Kölner Theologe und Kunsthistoriker Pfr. Dr. Dominik M. Meiering widmet sich anschließend der anderen Komponente, dem »Geistlichen in der Kunst«.
Der Nachmittag gehört den Künstlern: Dina Draeger, Frankfurt, und Klaus Simon, Krefeld, beleuchten aus ihrer künstlerischen Sicht Glaube, Sinnsuche und Kunstwerk, bevor der Domkapitular und Kunstreferent der Würzburger Diözese, Dr. Jürgen Lenssen, mit seinen »Thesen zum Tagungsthema« zur anschließenden Diskussionsrunde mit den Referenten führt.
Um 18 Uhr wird Dr. Jakob Johannes Koch, Kulturreferent im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn, in die von ihm auch kuratierte Kunst-Ausstellung im Burkardushaus einführen. Unter dem Titel »12 x 1 = ∞. Zwölf Künstlerinnen und Künstler im Überstieg« setzen dreizehn ehemalige junge Stipendiaten des Cusanuswerkes (eine bischöfliche Studienförderung für begabte katholische Studierende aller Fachrichtungen) Transzendenz (Heidegger übersetzte sie mit »Überstieg«) ins Bild. Die meisten bewegen sich abseits der christlichen Ikonographie zwischen Figuration und Abstraktion, um den Moment der Grenzüberschreitung von der sinnlich faßbaren zur übernatürlichen Welt zu kennzeichnen. Die Themen sind Hoffnung, Schmerz, Tod, Identität. Bei dem schon mehrfach ausgezeichneten Medienkünstler Stefan Demming, (1973 in Südlohn geboren) »Die halbe Wahrheit« verunklärt sich die Silhouette eines Menschen hinter medialem Streifenflimmern, Sven Kroner (1973, Kempten) zeigt in Öl auf Leinwand eine farbige, unwirkliche Landschaft mit Menschen. Der Pole Slawomir Elsner (geb. 1976) verfolgt Geschehnisse am Gewitterhimmel, die Stefan Silies (1976/Emsbüren) mit der camera obscura ins Hoffnungsvolle wendet. [sum]

Ausstellung vom 29.1.–23.3. Montag bis Freitag von 9–17 Uhr.
Anmeldung zur Tagung: Tel: 0931/386-64500, Fax: -64555,
info@domschule-wuerzburg.de; www.domschule-wuerzburg.de
Tagungsgebühr (einschl. Verpflegung) € 22.–, erm. € 15.–


seit 20. Januar – Werkstattbühne
ab 27. Januar – Kammerspiele Mainfranken Theater

Markus Grimm (für die Werkstattbühne) und Christian Manuel Oliveira (am Mainfranken Theater) ermöglichen in den kommenden Wochen die seltene Möglichkeit zum unmittelbaren Inszenierungs-Vergleich zwischen städtischem und privatem Theater. Binnen einer Woche bringen beide Theater die Bühnenfassung eines der bis heute wirkungsmächtigsten Texte der deutschen Literatur, der Novelle »Lenz« von Georg Büchner, heraus. Büchner (1813–37) beschäftigt sich darin vordergründig mit dem ausbrechenden Wahnsinn des Sturm-und-Drang-Dichters Jakob Michael Reinhold Lenz, gestaltet aber mit präzisen Beobachtungen und einzigartiger Einfühlung eine ebenso fesselnde wie beklemmende Studie menschlicher Seelenzustände. Eine ausführliche Besprechung beider Interpretationen folgt in nummervierundzwanzig. [maz]


ab 1. Februar – BBK-Galerie im Kulturspeicher

Schlicht »Räume« nennen Robert Reiter und Kurt Grimm ihre gemeinsame Ausstellung. Der in Untersiemau (bei Coburg) lebende Maler und Zeichner Robert Reiter war schon einmal Gast im Würzburg, 1995 im ehemaligen Künstlerhaus. Geschätzt werden seine großformatigen, lyrischen Zeichnungen, in denen sich die Stimmung einer Landschaft spiegelt. Mauerreste, Häuser und Baumreihen fangen die Größe der Natur und von Kulturzeugnissen ein. Seine graphischen Blätter thematisieren die Römer-Ruinen der Thermen des Caracalla.
Der Bildhauer Kurt Grimm (Kleinrinderfeld) gestaltet Räume ganz real greifbar in Holz, Metall und Stein. Seine abstrakten Skulpturen umkreisen meist einen Mittelpunkt und bewegen sich nach außen. Die Kraft der Bewegung kulminiert in dem Drehmoment von metallenen Strängen oder in der Form der gefalteten Marmorflächen.[sum]

www.bbk-unterfranken.de


4. Februar, 20.30 Uhr – Club W71, Weikersheim

Daß der Weikersheimer Club W71 immer eine Reise wert ist, wurde an anderer Stelle dieser nummer ausführlich nachgewiesen. Ein weiteres Mal gilt dies am ersten Sonntag im Februar, wenn mit Otomo Yoshihide einer der innovativsten und prägenden Musikerpersönlichkeiten der letzten Dekade zu Gast ist. Nach ersten Auftritten als Rock- und Freejazz-Gitarrist in Japan gelang ihm spätestens mit der legendären Formation Ground Zero der weltweite Durchbruch. Lärm, Krach und Energie sind aber nur eine Seite seiner Arbeit, die andere handelt von einem zu außerordentlicher Subtilität fähigen Turntable- und Elektronik-Künstler. Sachiko M, Axel Dörner (Trompete, elekronics) und Martin Brandlmayr (Percussion) vervollständigen das Otomo Yoshihide Quartett. [maz]

www.clubw71.de


Dienstag, 13. Februar, 17/19 Uhr – CinemaxX

In einer Sonderveranstaltung präsentiert Walter Stock im VHS-Filmseminar in einer filmhistorischen Gegenüberstellung zwei Fliegerfilme aus dem Jahr 1940. Nach der Komödie »Quax, der Bruchpilot« (Regie: Kurt Hoffmann), einem der beliebtesten Heinz-Rühmann-Filme, folgt der bis heute für öffentliche Aufführungen verbotene NS-Propagandafilm »Stukas« (Regie: Karl Ritter). Begleitet wird die Vorführung von einem Seminarteil, in dem der Nürnberger Journalist und Filmwissenschaftler Herbert Heinzelmann in das Thema und die Hintergründe des Films einleitet sowie die anschließende Diskussion leitet. [maz]

Der Besuch ist nur nach vorheriger Anmeldung möglich: WStock.LAGFilm@t-online.de oder Tel. 09382/8245


Donnerstag, 22. Februar, 21 Uhr – Buchladen Neuer Weg
Donnerstag, 29. März, 21 Uhr – Waschhaus, Frankfurter Str.

Zum »Tapetenwechsel« laden Die Kaktussen in diesem Frühjahr. Jeden letzten Donnerstag im Monat besetzt und bespielt Würzburgs wildeste Improtheatergruppe auf der Suche nach interessanten Geschichten und Themen die unterschiedlichsten Orte.
Nach dem Auftakt am 25. Januar im Copyshop Wycislok (Zellerstr. 9), laden sie am 22. Februar zum literarischen Trio in den Buchladen Neuer Weg. Die Klappentexte ausgewählter Bücher der Saison werden in improvisierte Szenen verwandelt … mit sicher unerwarteten Ergebnissen. Am 29. März verlagert sich das Geschehen dann ins Waschhaus (in der Frankfurter Str. 13a): Echtzeit-Improtheater im Waschsalon – mitten unter Zuschauern, den echten Wäschern, und zwischen den Waschmaschinen. (maz)

www.kaktussen.de


nummervierundzwanzig erscheint Anfang März 2007.