Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und Kathmandu
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Fotos: Achim Schollenberger

Sprich, Erinnerung, sprich

Ludwig Altenhöfer (1921–1974)
in der Galerie Kunststück

von Berthold Kremmler

Von Erinnerungskultur ist in den letzten Jahren viel die Rede, obwohl häufig mehr in Events ausartet, wie man sich der Vergangenheit zu bemächtigen sucht. Manche möchten gar, daß man darüber stolpere. Was das dann leicht eintretende Fallen für einen tieferen Sinn habe – wir wagen gar nicht darüber nachzudenken. Es löst natürlicherweise eher blaue Flecken aus als sonst etwas. Und es kann weh tun – wo wir dann doch wieder beim Nachdenken wären.

Aber Erinnern tut uns allen not, auch wenn man dazu nicht die spektakulären Seiten des 16. März sich vor Augen halten will. Sich zu erinnern hat mit den jeweils eigenen Wurzeln zu tun. Und so ist wohl die Ausstellung zu verstehen, die die Galerie Kunststück einer der Gründergestalten der Würzburger CSU widmet, Ludwig Altenhöfer. Nimmt man die Eröffnungsveranstaltung zum Maßstab, ist der Verfall der Erinnerung schon mächtig fortgeschritten: gerade mal drei CSU-Stadträte gaben ihrem Altvorderen die Ehre; sie alle dachten wohl, Übervater Bötsch sei ein für alle ausreichender Stellvertreter.

War er aber, bei allem Respekt, nicht. Er rief sich diesen Vorgänger, den er noch gekannt hatte, zwar vor Augen, aber das Bild war doch schon sehr verschwommen, das er seinen Zuhörern zu präsentieren versuchte. Bezeichnend, daß Wolfhard Preuß als Veranstalter und der Ex-Minister entschieden ihre Erinnerungsclaims voneinander abgrenzten, weil jeder nur so ein kleines Feld zu bestellen hatte. Immerhin wußte der Politiker etwas von der politischen Haltung des vor über 30 Jahren Verstorbenen, hatte aber überhaupt nicht gewußt, daß dieser auch künsterlische Ambitionen gehabt hatte.

So war das Publikum weitgehend auf seine eigene Wahrnehmung verwiesen, auf die ausgestellten Werke der Literatur, der Malerei und der Skulptur. Die Bücher sind freilich überwiegend Kinderbücher, seit Jahrzehnten nicht mehr verlegt, und es waren nur zwei Dutzend aus dem Privatbesitz der Familie, gehüteter Schatz, unberührbar. Die Skulpturen, eher grobe Schnitzereien religiösen und ländlichen Inhalts, gefielen am meisten bei anspruchslosen Motiven, einem fränkischen Sommer oder den Kasperlköpfen für die Kinder des Künstlers. Die Bilder, Aquarelle, befassen sich überwiegend mit fränkischen oder französischen Ferienlandschaften und haben eher dilettantischen Charme; große Kunstwerke sind sie wahrhaftig nicht.

Was uns am meisten interessiert hätte, war das politische Engagement Altenhöfers am Ende des Dritten Reichs: Er hat Widerstand geleistet und über diesen Widerstand in seinem Buch »Aktion Grün« berichtet. Aber außer dem Buchtitel und dieser vagen Information trägt die Ausstellung nichts zu einer detaillierten Kenntnis bei. Das ist schade, da ja unsere Kenntnisse über Widerstand in Würzburg bei den politischen Gründungsvätern der Stadt eher Mangelware sind. Wenig befriedigt da, wenn uns gesagt wird, Altenhöfer habe nach dem Krieg in Organen »christlicher Orientierung« publiziert – das läßt doch gar zu viele Fragen offen, ja macht geradezu mißtrauisch. Denn was konnte das nach dem Untergang des Dritten Reiches alles heißen!

In kurzen Worten: So wünschenswert eine solche Ausstellung über die Vergangenheit der Würzburger CSU ist, die Ausstellung in einer Kunstgalerie kann nicht leisten, was dafür notwendig wäre: historische Untermauerung und Information. Der künstlerische Wert der Arbeiten allein vermag eine solche Ausstellung nicht zu tragen. Dazu scheinen die Erinnerungsstücke, aber auch die Erinnerung selbst, im Augenblick allzu unkontrolliert verstreut, als daß sich das zum Porträt einer Person runden könnte.

So gibt am ehesten Hoffnung, daß zur Eröffnungsveranstaltung noch eine Skulptur mitgebracht wurde – zweifellos ein sinnvoller Nebeneffekt für die Eröffnung einer Ausstellung als work in progress. Wäre das nicht eine verdienstvolle Sache für die CSU-Erinnerungsabteilung, eine Ausstellung über diese doch wohl bemerkenswerte Person mit historischer Unterfütterung? ¶


Ausstellung noch bis 14. April in der Galerie Kunststück, Sanderstraße 23–25, 1.Stock, 97070 Würzburg
Freitag 16–19 Uhr, Samstag 14–16 Uhr und nach Vereinbarung.
www.galeriekunststueck.de