Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und Oberwaldbehrungen
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Fotos: Angelika Summa

Joachim Beßler, Sammler:

»Ich will Kunst
um mich haben.«

von Angelika Summa

»Von diesem Künstler möchte ich mir unbedingt noch eine andere Arbeit kaufen«, sagt Joachim Beßler versonnen und deutet auf seine Bilderwand. Dort reihen sich über-, untereinander, in Quer- und Längsrichtung und »auf Lücke« verschiedene Bilder der verschiedensten Künstler. Wir stehen im Treppenaufgang zum ersten Stock, hier konzentriert sich Beßler »eher auf schwarz-weiße Arbeiten«. Einen Stock höher sind die Kunstwerke farbiger, unter dem Dach sieht man Fotografien, afrikanische Skulpturen und Künstlerbücher, das Wohnzimmer im Erdgeschoß beherbergt neben der »Oskar Koller-Wand« kleine Bronzegüsse und andere Skulpturen und Keramikteller, im Keller ebenfalls Malerei – ein ganzes Haus voller Kunst in »barocker Hängung« und alles Originale. Beßler kann nicht verstehen, daß es Leute gibt, die sich »in der bel etage eines Kaufhauses mit Postern eindecken«. Dabei sind manche Graphiken gar nicht teuer…« Ach ja, die meisten Graphiken befinden sich in den Schränken. Alles übrige schmückt sämtliche vorhandenen Wände, Regale und Vitrinen, und man hat beinahe den Eindruck, daß die Beßlers bald anbauen müssen, wenn der Herr des Hauses so weitermacht …

Joachim Beßler gehört zu einer ganz, ganz seltenen Spezies: Er ist Kunstsammler. Nicht einer von denen, für dessen Sammelleidenschaft irgendwann ganze Museen gebaut werden. Dafür müßte er sich nach dem Kunstmarkt ausrichten und die Kunst als Wertanlage sehen, was sie für ihn aber überhaupt nicht ist. Und er müßte mit einem größeren »Ankaufsetat« gesegnet sein. Joachim Beßler hat auf manche Errungenschaft richtiggehend gespart. Und das macht er schon seit ungefähr 30 Jahren, seit damals, als alles anfing. Joachim Beßler ist heute in der Auftragsbearbeitung einer Druckerei tätig. Als gelernter Buchdrucker kam er viel mit Kunstkatalogen in Kontakt. Unter anderem, das war in den 70er Jahren, lernte er die Holzschnitte von HAP Grieshaber kennen. Dessen Mappenwerk »Engel der Geschichte 1–23« konnte man »für wenig Geld kaufen«, erzählt Beßler. Mit Grieshaber fing seine Sammelleidenschaft an.

Er ist kein Maniac, der um des Sammelns willen sammelt. Er kauft eher spontan und »aus dem Bauch heraus«, weil ihm das Bild, die Skulptur, die Graphik, das Foto gefällt – übrigens teilt seine Frau, Gila Schmidt, seine Leidenschaft, meistens gefällt beiden das gleiche Kunstwerk gleichgut. Doch trotz aller Emotionalität steckt hinter Beßlers Sammelleidenschaft doch System: Der Sammler sammelt schwerpunktmäßig fränkische Künstler und innerhalb dieses Schwerpunkts »alles«, sagt er, »Querbeet…« Dafür lauft er auch »in jede Ausstellung im Umkreis«.

Er hat seine Schätze nie gezählt, ein paar hundert Werke werden es schon sein. Innerhalb dreier rasch verfliegender Stunden im Hause Beßler in Karlstadt haben wir zumindest die unterfränkischen Künstler zusammengetragen; 30 haben wir gezählt: darunter Walter Beer, Sophie Brandes, Renate Jung, Kurt Grimm, Katja und Hermann Eirich, Vincent und Curd Lessig, Franz Reuchlein, Andi Schmitt, Georgia Templiner, Emmerling, Nußbächer, Schlotterbeck, Simonetti, Kleinlein, Wachter bis Wittstadt, und, und, und … sogar einen Fotoabzug, dereinst von dem Kabarettisten Frank-Markus Barwasser aufgenommen, nennt er sein eigen.

»Ich habe Freude daran, mich mit den Kunstwerken zu umgeben. Ich will sie sehen, um mich haben, sie anschauen können.« Die einmal gefundene Bilder-Anordnung im Haus wird kaum noch verändert; er freut sich diebisch, wenn er wieder »einen leeren Fleck an der Wand« für ein bestimmtes Bild entdeckt hat und wird nur bisweilen sanft gebremst von seiner Frau, wenn ihr das alles zu voll wird.
Zu seinen liebgewonnenen Schätzen gehören auch einige Arbeiten von Künstlern aus dem Nürnberger Raum: Franz Vornberger z. B., eigentlich gebürtiger Thüngersheimer, wie Beßler erzählt, oder von Karl-Georg Pfahler, Toni Burghardt, Meide Büdel. Man sieht die textilen Schwarz-Weiß-Schichtungen von Hanns Herpich oder der kreuzartig »geschälte« Stein von Michaela Biet auf dem Wohnzimmerfußboden vor einem Relief von Emanuele Giannelli, dessen Aneinanderreihung feiner Porträts aus Bronzeguß an mittelalterliche, kirchliche Bronzetüren erinnert. Der Italiener Giannelli gehört zu Beßlers Entdeckungen im Urlaub. Der Afrikaner Kofi Setordji mit seinen Ölbildern und Tonköpfen fiel ihm auf der Triennale in Fellbach auf. Damit sind wir schon lange auf internationalem Terrain und bei Künstlern von internationalem Rang wie Max Uhlig oder Christiane Dellbrügge oder Leo Erb. Von Stephan Balkenhol besitzt Joachim Beßler eine kleine Figur aus Aluminiumguß.

Seit einem Jahr ist Joachim Beßler auch Galerist. »Eine Galerie zu führen, war schon immer mein Traum«, sagt er. Auch dort in der »Galerie im oberen Tor« in Karlstadt werden schwerpunktmäßig fränkische Künstler ausgestellt, »ein bis zwei Ausstellungen sind für überregionale Künstler vorgesehen«, das Programm läuft von März bis November. ¶


Die diesjährige Saison wird am Donnerstag, den 15. März eröffnet. Gezeigt werden Arbeiten des Nürnbergers Udo Kaller.