Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und Oberwaldbehrungen
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Foto: Wolf-Dietrich Weissbach

Ahoi, Arte Noah

Der Kunstverein legt wohl, vielleicht, doch am alten Hafen an

von Alice Natter

Christa Roosen ist sauer. Und zwar gewaltig. »Ein dicker Hund«, schimpft sie, wenn sie an die Hafen AG denkt. Und an das »furchtbare Durcheinander«. Vereinskollegen hatten sie ja gewarnt: »Die vergessen uns.« Und in der Tat. Drei Jahre lang, seit sie den Vorsitz des Würzburger Kunstvereins übernommen hatte, stand Roosen mit der Hafen AG immer wieder im Gespräch. Denn die Arte Noah, das war klar, würde irgendwann ihren vertrauten Liegeplatz verlassen müssen. Sollte auslaufen müssen aus dem vertrauten Hafen unterhalb der Feste. So wie der Yacht Club auch. Die Stadt will Geld verdienen. Und Hotelschiffe, große Flußkreuzer, spülen Geld herbei. Immer mehr sind’s, die in Würzburg vor Anker gehen wollen. Also wird die Wasserfläche am Willy-Brandt-Kai neu verteilt, werden neue Liegeplätze für die Kreuzfahrtschiffe geschaffen. Wenn man in schönster Lage schon gewaltig abholzt und Mauern baut, des Hochwasserschutzes wegen.

Christa Roosen ist empört. Drei Jahre also hatte sie gesprochen und geredet mit der Hafen AG. Hatte mit Betriebsleiter Hans-Peter Schenk über Alternativen gesprochen. Am Alten Hafen? Unterhalb der Mainmühle am Alten Kranen? Ja, doch, ein Liegeplatz beim Kulturspeicher konnten sich der Kunstverein und seine Vorsitzende ganz gut vorstellen. Da würde »die Atmosphäre stimmen«. Versprechungen wurden den Kunstfreunden gemacht. Am Kulturspeicher werde man große Piers bauen, Strom- und Wasserversorgung würden dem Kunstschiff garantiert. »Aber es gab immer auch die Option: Liegenbleiben«, sagt Roosen. Es passierte also: nichts. »Irgendwann waren wir das ewige Anfragen leid.« Funkstille. Der Mauerbau begann. Der Kunstverein stellte aus. Im Herbst schipperte die »Arte Noah« ins Winterquartier und in die Werft.

Dann die Ahnung, die Warnung der Vereinsmitglieder: Die ziehen uns über den Tisch. Irgendwann rief Christa Roosen bei der Hafen AG an. Und bekam zu hören: »Da oben können Sie nicht liegen bleiben«. Und: Am Alten Hafen wird nicht gebaut, 40 000 Euro würde das kosten, für sie alleine lohnt das nicht, alleine können sie da nicht hin. Ein Liegeplatz am Disko-Boot bot man dem Kunstverein. Für 8000 Euro, so viel könne der Verein wohl berappen.

Christa Roosen war entgeistert. Die Versprechungen? Die Pläne? Die Zukunft? Fortgeschwommen im Main? Drohte dem Kunstschiff eine Odyssee? Die Vorsitzende schrieb einen Brandbrief und berief für Anfang Februar eine außerordentliche Mitgliederversammlung ein. Über die wird man vielleicht noch in ein paar Jahren sprechen. Denn der Kulturreferent kam, trotz maladem Rücken. Und Muchtar Al Ghusain versicherte vor vollem Saal: Die Arte Noah bekommt ihren Liegeplatz am Alten Hafen, im kulturellen Zentrum. Das Kunstschiff wird mit allem Nötigen ausgestattet und mit Wasser und Strom versorgt. Applaus!

Christa Roosen war erleichtert. Sie hatte ihr Amt mit der erfolgreichen Suche nach einer neuen Heimat für das Kunstschiff verbunden. Jetzt macht sie weiter, zumindest ein Jahr. Und ist gespannt. Eine Begehung am Alten Hafen steht noch an, dann entscheidet es sich, ob die Arte Noah anlegen kann. Am 1. April – so hat es der Kulturreferent versprochen – soll die Ausstellungssaison beginnen können. Na dann! »Die Stadt«, sagt Roosen, »ist im Wort.«

Apropos. Ein Jahr will Christa Roosen noch machen. Doch dann? »Junger Nachfolger dringend gesucht«, wirbt die Kunstvereins-Chefin. Sie hat sogar schon überlegt, »jemanden aus Berlin zu holen«. Denn: »Dort gibt es so viele arbeitslose Kunsthistoriker, die liebend gerne Ausstellungen bestücken würden. Vielleicht macht jemand das Schiff für sich wirtschaftlich?« Gedankenspiele. Am liebsten hätte die Chefin, die von sich sagt, daß ihr die Kontroll-Funktion eigentlich gar nicht liegt, einen Nachfolger aus den eigenen Reihen.

Sie lobt, schwärmt: »Wir sind so ein homogenes Team.« Die Mitstreiter würden alle ganz verantwortlich und autark arbeiten. »Die arbeiten mir alle zu.«

Christa Roosen freut sich. Auf die neue Nähe zur Speicherkunst. »Synergie-Effekte« erhofft sie sich in Zukunft, denn Konkurrenz sei man ja sowieso nie gewesen. »Da ist Glanz und Glamour, bei uns ist es ein bißchen kleiner.« Doch klein ist relativ. »Wir werden wahrgenommen. Die Kunstvereins-Kollegen in Deutschland kennen uns alle.« Da heißt es: Ihr seid doch die mit dem Schiff. Die Wahrnehmung in Würzburg? »Etwas schwieriger.« Nicht nur, weil die Schiffs-Crew immer wieder angepflaumt wurde wegen des bunten Anstrichs oder der Mehler’schen Giraffen. Zeitgenössische Kunst – halt »schwierig«. Aber: Nach elf Jahren gehört man zum Stadtbild dazu! Und immer wenn’s Frühling wird, werden die Kunstvereins-Leute gefragt: Wann kommt das Schiff denn wieder? Überflüssig bald, diese Frage. Am Alten Hafen hat, hätte die Arte Noah auch gleich ihr Winterquartier. ¶


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