Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und Oberwaldbehrungen
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Editorial
nummer 24

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Kulturschaffende und -interessierte,

Sie müssen auch dabei gewesen sein, bei dem Kultur-Ereignis des verlepperten Winters: dem festlichen Begängnis des nunmehr fünfjährigen Kulturspeichers, denn halb tout Wurzbourg war dabei.

Sie dürfen jetzt über das Wort Begängnis stolpern – in welchem Zusammenhang haben wir es denn schon einmal gelesen?

Wir sind nicht über das Wort, sondern sozusagen über die Assoziation gestolpert, die damit verknüpft ist. Abergläubisch, wie wir alle sind, wollen wir es aber hier nicht aussprechen, sondern ihm nur ein bißchen nachsinnen.

Gestolpert sind wir nämlich – fast! – über eine neumodische Sitte, daß man auf seiner Brust sein Inneres oder sonst ein Bekenntnis herzutragen beliebt. Distelhäuser hat zur Selbstfeier ein wunderbar dunkelgrünes T-Shirt mit der sinnigen Aufschrift »Formt.Strafft.Schmeckt«, Jägermeister liebt es grellrot und den Aufdruck »total wild« – dergleichen muß auch dem Kulturspeicher billig (und recht) sein.

Diesem ist jetzt eine eindrucksvolle Engführung gelungen: »Ich bin ein Kulturspeicher.« Lustig, sehr lustig sogar. Vor allem der farbliche Hintergrund, so einfach und doch so anspielungsreich (s. 2. Zeile).
Nein, nicht bunt geometrisch, auch nicht mit verwirrend oszillierenden Linien, nein, mit der Farbe aller Farben, der Farbe der Konkreten Kunst schlechthin: ein tiefes, tiefes Schwarz.

Wäre Fas(t?!)nacht, könnten wir uns ja denken, hier werde ironisch die Kultur zu Grabe getragen, weil der Anschaffungsetat des Museums die stolze Höhe von € 0.– erklommen hat. Wir bewegen uns also rasant auf die Anschaffungswünsche der Museumsleitung hin, wenn durch Spenden die »0« vervielfacht und dann noch irgendwoher eine klitzkleine »1« davorgeweht wird.

Diese einfachen Gleichsetzungen, die wir als Bekenntnis lieben, haben es schon in sich, von »Wir sind Papst« über »Wir sind Weltmeister« – nein, nicht »Wir sind Kulturspeicher«, denn diese Lektion haben wir gelernt: Zwar können wir alle ohne weiteres Papst sein, aber die Kultur ist das Privateste überhaupt, da wollen wir da doch ganz unter uns bleiben und uns auf das bescheidene »ich« beschränken, mit einem kleinen »i«.

Oder sollte die Assoziation doch in eine ganz andere Richtung gelenkt werden, in jenes merkwürdige »Ich bin 2 Öltanks«, das man vor 20 Jahren noch überall auf unförmigen Behältnissen lesen konnte?
Dann könnte man ja sogar auf die Idee kommen, der Kulturspeicher sei ein Energietank wie ein Öltank – der nun seinerseits freilich aus Umweltgründen verschwunden ist? Das Hemdchen hätte gar ökologische Gründe? Was befindet sich denn nun drin?!

Vor lauter Kultur und Hemdchen und Speicher wird uns ganz schwindlig vor Augen, und jetzt gar – schwarz …

… seufzt die Redaktion.

PS: Abonnenten der nummer erhalten mit dieser Ausgabe das sechste Sonderheft, eine Rückschau auf das 33. Internationale Filmwochenende in Würzburg 2007.