Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und Bejing
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»o.T.« (1986)
Foto: Ira Osterwind

Unter die Oberfläche zielend

Werke von Herbert Janouschkowetz (1936–2005) in Ochsenfurt

von Ira Osterwind

Sein Schaffen galt dem Werk an sich und niemals dem Kommerz. Er war nicht nur unglaublich produktiv, sondern hat immer Neues versucht – so verschieden sind die Materialien, die Techniken, die Resultate.

Die Ausstellung von Werken Herbert Janouschkowetz’, die derzeit in Ochsenfurts altem Amtsgericht zu sehen ist, präsentiert mehr als 300 Objekte des im vergangenen Jahr verstorbenen Künstlers. Und die sind – in ihrer ganzen Fülle und Vielfalt – doch nur ein Teil seines unermüdlichen Schaffens und Suchens. Nicht gezeigt werden seine Akt-Skizzen, die er zu Hunderten mit Kugelschreiber oder Bleistift und in Sekundenschnelle ins Papier grub – ebenso karg wie meisterhaft. Auch bleiben die meisten der Ölgemälde aus der frühen Zeit oder die Lithographien und Drucke im Depot. Was aber in der Ausstellung zu sehen ist, ist genug, um stundenlang einzutauchen in die sensible Welt des Künstlers.

Papier, das scheinbar so beiläufige Material, flach und meist doch nur Untergrund – Janouschkowetz erhob es. Akribisch und feinfühlig bearbeitete er es. Geknüllt, gestaucht, gefaltet und wieder entfaltet, geglättet, bisweilen auch bemalt, fixierte er es zu Reliefs, machte daraus Kunstwerke. Bündel von Packpapier schichtete und presste er, gab ihnen Form und Struktur.

Er ritzte, riß, zerschnitt, perforierte das Papier – was im Zyklus »Verletzungen« wie zufällige, flüchtige Bearbeitungsspuren erscheinen mag, gründet tief. Jeder Knick, jeder Riß ist wohlüberlegt. Janouschkowetz ließ die Oberfläche sprechen, und dabei sind seine Arbeiten alles andere als oberflächlich. »Er war ein Tüftler und Perfektionist, nichts überließ er dem Zufall«, so Martin Sinn, Galerist und Freund des Künstlers. Er verweist exemplarisch auf ein Bild mit in Reihen angeordneten kleinen Papierknäuel – so scheint es beim ersten Betrachten. Auf den zweiten Blick offenbaren sich 108 fein gefaltete Papierobjekte, die an Origami erinnern oder an »Himmel und Hölle«. Jedes anders, »jedes einzelne für sich ein Kunstwerk«, sagt Martin Sinn. Man muß schon ganz genau hinschauen.

Die Ausstellung zeigt auch die Vielfältigkeit in Janouschkowetz’ Werk. Es finden sich Zeichnungen, kleine, bunte Kompositionen und Farbenspiele, eine Serie von Kreidebildern, in denen flächige Vierecke durch eine raffinierte Kantenbeleuchtung scheinbar schweben; Collagen und Bilder, die dem Weggeworfenen, vermeintlich unbrauchbar Gewordenen zu neuem Ansehen verhelfen – aufgelesenen Kronkorken, plattgedrücktem Stanniolpapier, dem alten Malerkittel, Schnüren, Draht, bunten Garnresten. »Er hat den Abfall geadelt«, kommentiert Sinn.

Ein großformatiges Bild setzt sich zusammen aus zwölf Papier-Rechtecken, handgeschöpft. Eines ist rot. »Spiegelbild unserer Zeit – Gewalt aus Langeweile« hat Herbert Janouschkowetz daruntergeschrieben, in blasser Spiegelschrift. ¶


Die Gedächtnisausstellung Herbert Janouschkowetz im ehemaligen Amtsgericht Ochsenfurt, Kellereistraße 8, wurde bis Anfang November verlängert.
Öffnungszeiten:
Freitag 14–18 Uhr, Samstag und Sonntag 11–18 Uhr.

Noch bis 15. Oktober stellen 22 unterfränkische Künstler als Hommage an Herbert ihre Werke in den Schaufenstern der Ochsenfurter Altstadt aus.

Begleitend zur Ausstellung ist das vierte Sonderheft der nummer erschienen: Herbert Janouschkowetz – Aktzeichnungen aus dem Nachlaß, herausgegeben von Martin Sinn.

Abonnenten der nummer erhalten das Sonderheft gratis mit dieser Ausgabe.