Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und Bejing
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Editorial
nummer 20

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Kulturschaffende und -interessierte,

»Was Sie von Madonna lernen können«, tönte unlängst ein Würzburger Wurfblatt. Da sind wir doch ganz Ohr. Schließlich scheffelt die Popqueen jedes Jahr Millionen, weshalb sie es einer neuesten Meldung zufolge sogar ins Guinessbuch der Rekorde geschafft hat. Dafür läßt sie sich auch mal ans Kreuz … nein, nicht nageln, aber immerhin irgendwie montieren.

Die Millionen Madonnas waren in erwähntem Artikel auch gar nicht gemeint. Vielmehr lobte man ausführlich, daß sie es schafft, Dauergast in den Feuilletons dieser Welt zu sein, daß sie sozusagen jeden Tag von sich reden macht.

Wir freien Kulturträger in Würzburg sind begierig darauf, von Madonna etwas über Selbstdarstellung zu lernen, schließlich erfahren wir tagtäglich leidvoll, daß sich für unsere kulturellen Leistungen in dieser Stadt kaum ein Schwein, noch weniger die örtliche Presse interessiert. Deshalb soll ab jetzt alles anders laufen: Sollten wir also demnächst unsere nächste Tournee machen, eine neue CD produzieren oder wieder für eine Filmrolle engagiert werden, müssen wir provozieren, das haben wir begriffen, sonst nimmt keiner Notiz davon.

Ebenso unlängst bemerkte ein Redakteur der einen (von zwei Zeitungen, aber im Grunde ist es nur eine) Würzburger Tageszeitung, daß es gar so ruhig, sehr ruhig sogar, beim Dachverband Freier Würzburger Kulturträger (DFWK) geworden sei, und bemäkelte darüber hinaus, daß er gar so weit, bis ins Jahr 2004, zurückblicken müsse, weil sich da zum letzten Mal der DFWK zu Wort gemeldet hätte (weil da was in der Zeitung stand).

Was soll das nun eigentlich bedeuten? Hat nicht vor einiger Zeit die andere (der zwei Zeitungen, aber im Grunde genommen ist es nur eine) Würzburger Tageszeitung ihre Kulturberichterstattung mit der Begründung massiv umstrukturiert bis aufgekündigt, das kulturelle Leben in Würzburg und Umgebung würde sowieso kein Schwein interessieren, was zu Folge hatte, daß die Würzburger Kulturszene kaum noch vertreten war? Das ist uns zuviel der Heuchelei! Zumal der Redakteur andererseits um den Balken im eigenen Auge herumschielte und den Schuldigen in unserem nummer-Mitarbeiter fand, der neben dem eigenen Brotberuf Vorsitzender des Dachverbandes ist.

Sensationslust ist dagegen in den beiden Würzburger Zeitungen (die eigentlich nur eine ist) omnipräsent, die Kulturgeschichte des BHs scheint wichtiger als der DFWK. Vielleicht hätte sich unser Mitarbeiter in ein knappes, fleischfarbenes Mieder schnallen lassen sollen. Wer so gegürtet auf den Bühnen herumhüpft, wird beachtet, geliebt und über den wird geschrieben. Aber das wollten wir unserem verdienten Mitarbeiter dann doch nicht zumuten.

Die Redaktion.

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Herbert Janouschkowetz – Aktzeichnungen aus dem Nachlaß, herausgegeben von Martin Sinn.