Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und München
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Short Cuts & Kulturnotizen

Unlängst – Gerade soeben – Demnächst!
Was nicht dem Vergessen anheim fallen sollte – eine ganz subjektive Auswahl der Redaktion, nicht minder subjektiv kommentiert.


27. November, 20 Uhr – Johanniskirche

Bachs »Kunst der Fuge« als Event und Meditationsspektakel – ein Nachtrag zu den Bachtagen

Ist schon ein esoterischer Purist, wer die »Kunst der Fuge« als Musikstück versteht und um sein musikalisches Verständnis kämpft?
Der vorletzte Abend der Bachtage bot in der Johannis-Kirche eine Vorführung der »Kunst der Fuge« mit Synthesizern, Lichtregie und Tanz, also das, was man heute als »multimediales Event« zu bezeichnen pflegt. Entsprechend dürfte ein zahlreicheres Publikum angelockt worden sein als bei der reinen Musikdarbietung durch den Pianisten Konstantin Lifschitz eine Woche vorher (siehe nummerzwölf). Man betritt voll neugieriger Erwartung die Kirche, freut sich über den dunkel-meditativen Raum und erinnert sich dabei, daß bei der vorherigen Darbietung wohl nicht wenige Konzerbesucher sich mit geschlossenen Augen auf die Musik konzentriert haben dürften – bis man merkt, daß die Lichtspiele im Chor eine solche Verdunklung erzwingen, nicht die Konzentration auf die Musik.
Im Vorfeld spielen noch Gedanken eine Rolle wie der, daß Experimente der Präsentation gerade bei schwierigen Stücken vielleicht den Zugang, das Verständnis erleichtern könnten. Oder daß wir schließlich die meiste Zeit Musik hören, die auf elektronischem Weg gespeichert ist und uns über Lautsprecher erreicht. Was also sollte an der Verwendung von technischem Gerät verwerflich sein?
Und doch macht es einen Unterschied, ob ein Musikinstrument den ursprünglichen Ton erzeugt oder ein Synthesizer, bei dem die Töne beliebig in ihrer Klangqualität verändert und verzerrt werden können. Gewiß läßt sich strenge Klarheit in der Stimmführung erzeugen, wo nichts verschwimmt, nichts im üppigem Pedal untergeht. Und es gab zum Glück solche Stücke. Aber eben auch solche, wo der scheppernde Klang an alte Lautsprecher erinnerte und der Ärger über verzerrte Töne die Konzentration unterlief.
Als schlimmerer Mißgriff enthüllten sich freilich die optischen Arrangements: Die Licht- und Farbspiele im Chor verschreckten durch die künstlich-grellen Farben, durch die Bewegungen und Muster, die mal in ständiger Bewegung waren, mal in schierer Belanglosigkeit Strukturen an die Wände malten, deren Beziehung zur Musik nur rätselhaft sein konnte. Daß die Hohlräume des Chorreliefs durch die bunte Ausleuchtung gelegentlich fast eine fratzenhafte Gesamtwirkung erzeugten, trug zur Begeisterung des Zuhörers nicht grade bei.
Im Wechsel konzentrierte sich das helle Licht auf den Raum vor dem Chor, und es geschah dort Tanz: Frauengestalten, die sich mal flüssig, mal räkelnd, mal hüpfend, mal elegisch bewegten. Dabei folgten sie meist durchaus ihrem eigenen Rhythmus, mit dem der Musik standen sie allenfalls in losem Kontakt. Daß sie in irgendeiner Weise die Musik interpretiert, gar verständlich gemacht hätten, erschloß sich mir nicht. Ein ›Kunstwerk‹ sui generis – wozu da die ›Kunst‹ der ›Fuge‹ als Hintergrundmusik?
Nach einer Stunde verzweifelter Bemühung drängte sich dem Berichterstatter die Einsicht auf, daß seine Sinne durch die Reizüberflutung überfordert seien, wo er doch kaum mit dem Hören zurecht kam, er suchte das Weite – und freut sich auf die Bachtage 2006, wo ihm diese Fugen wieder als reiner Klang ihre Fragen aufgeben. Das Multimediale aber möge uns erspart bleiben, das ist bei ›Klangräumen‹ mit ihrem eigenen Musiktyp sicher besser aufgehoben. [bk]


Sonntag, 4. Dezember, 16 Uhr – Galerie Stephan Winkler, Ostheim v. d. Rhön

Kommunikation ist und bleibt ein Spiel voller Überraschungen. So kam es, daß just die Ankündigung der Finissage, nicht aber der vier Wochen früheren Vernissage in die Mailbox des Autors flatterte. Jan Polacek, dessen Installation »Gunter kehrt heim« bereits in nummerzehn erwähnt und leider schon während der Ausstellung im Ernst-Sachs-Bad geschändet wurde (Unbekannte hatten ein nicht unwesentliches Element der Installation in Gestalt einer aufblasbaren Damenpuppe, die in einem Koffer drapiert war, entwendet), präsentierte im November 2005 seine »Kleinen Formate« in der ebenfalls klein zu nennenden Galerie des Exil-Bremers/Wahl-Rhöners Stephan Winkler – Drucke, Zeichnungen, Bronzeplastiken und andere Objekte.
Zur Finissage gab es schließlich ein – wiederum kleines – akustisches Weihnachtsgebäck: im Duo mit Detlev Beck (Sampler) bespielte Polacek diverse Metalle mit Stöcken und einer Metallsaite als Perkussionsinstrumente, Beck nahm die Klänge mit dem Mikrophon auf und kreierte aus den Schnipseln kleine Klangschleifen, die er live elektronisch bearbeitete. Die diversen Metalle – Sie ahnen es bereits – waren überwiegend Polaceks Skulpturen, die er zu diesem Zwecke schon vorher von ihren Plätzen genommen und an Stahlsaiten von der Decke der Galerie abgehängt hatte, um sie besser bespielen zu können. Und der Titel des Events – »Bronze trifft Halbleiter« – erklärte sich so spät, aber doch noch von selbst.
Kein billiges Schlagwerk, nebenbei bemerkt – und kein billiger Event, denn die beiden legten ein konzentriertes, hörenswertes Set elektroakustischer Improvisation hin. Klein, aber fein. Sehr fein sogar! [jk]

www.janpolacek.de



ab 8. Februar, 23 Uhr – Jazztime, Bayern 4 Klassik

Diese Vorschau kündigt eine Rückschau an, genauer: Ein Wiederhören mit dem 21. Würzburger Jazzfestival (5./6. 11. 2005) im Bayerischen Rundfunk: jeweils mittwochs ab 23 Uhr werden in der Sendung Jazztime (Bayern 4 Klassik) Mitschnitte der Konzerte zu hören sein. Zum Auftakt am Mittwoch, 8. Februar, gibt es den Mitschnitt von Julia Hülsmann Trio & Roger Cicero, danach folgen monatlich weitere Sendungen, jeweils zur gleichen Uhrzeit: am 8. März, 12. April, 10. Mai und eventuell noch am 14. Juni. Die genaue Programmauswahl wird noch bekanntgegeben. Also vormerken und anhören! [jk]

www.jazzini-wuerzburg.de


10. Februar, 20 Uhr – Buchhandlung 131/2

Fritz Rau war schon häufiger zu Gast in Würzburg. Meistens allerdings, wenn er Großes zu verkünden hatte, immer dann , wenn einer »seiner« Künstler oder Bands wieder auf die Konzertbühne stiegen. Seit 50 Jahren ist er mittlerweile »Backstage« im Geschäft in Sachen Pop-Rock- und Jazzmusik. Duke Ellington, Jimi Hendrix, Madonna, die Rolling Stones und viele andere hat er begleitet und für sie ihre Deutschlandauftritte organisiert. Logisch, daß er hinter der Bühne in all den Jahren so manches erlebt und Stars wie Bob Dylan und Mick Jagger von einer ganz anderen Seite kennengelernt hat. Deshalb dürfte das neue Buch mit Erinnerungen, welches anläßlich seines 75. Geburtstages aufgelegt wurde, nicht nur für Insider ein spannendes und lesbares Vergnügen sein.
Fritz Rau ist live ein überaus amüsanter, kerniger Plauderer und deshalb sei allen, die Pop- und Rockmusik lieben – und nicht nur für Oldies –, seine Lesung am 10. Februar um 20 Uhr in der Buchhandlung 131/2 in Würzburg wärmstens empfohlen. [as]

Mehr Infos unter 09 31 / 465 22 11


16. Februar, 20 Uhr – Milchhof

Nach einer kreativen und konzeptionellen Pause öffnet der Milchhof wieder seine Türen für das kulturinteressierte Publikum. Zumindest die äußere Tür dürfte für anfängliche Verwunderung sorgen, betritt man den Veranstaltungsraum doch durch eine neue, alte Telefonzelle! Damit wird ein Nadelöhr vorangestellt, das möglicherweise den Raum dahinter umso größer erscheinen läßt – der »neue« Milchhof beschränkt sich auf den Vorraum des »alten«. Platz genug für kleine, hochkarätige Veranstaltungen – »Kunstkonzentrate« –, die künftig an jedem dritten Donnerstag im Monat um 20 Uhr stattfinden sollen. Den Auftakt am 16. Februar bestreiten Katharina Böhm und Georg Weidauer mit der Vorstellung ihres Kinderbuches »Wie Kiki und Bruno sich kennen lernen«. [jk]

Foto: Milchhof

www.milchhof.com