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Selbstportrait Herbert Janouschkowetz.

Nachruf auf Herbert Janouschkowetz
(26. 8. 1936 – 25. 11. 2005)

»Die Malerei muß warten«

von Angelika Summa

Er konnte manchmal ganz schön ruppig sein. Einer seiner Freunde nennt ihn heute noch einen »Grantl-huber«, was liebevoller klingt, aber dasselbe meint.
Nein, liebenswürdig war Herbert Janouschkowetz höchst selten, weil er immer geradeheraus und ehrlich seine Meinung sagte, ohne die Wirkung seiner oft harschen Worte zu bedenken. Mag sein, daß ihm die auch völlig egal war, auf jeden Fall aber war ihm jede Art von Verstellung oder Berechnung völlig fremd.

Herbert Janouschkowetz machte aus seinem Herzen keine Mördergrube, wie man so sagt. Mit dieser direkten Art eckte er natürlich an. Er war ein Mensch mit Ecken und Kanten. Aber, gibt sein Freund, Galerist und Förderer Martin Sinn im Gespräch zu bedenken: Er war im Grunde genommen ein weicher, sensibler Mensch. Typ: rauhe Schale, weicher Kern. Auch wer ihn gut gekannt hatte, war dann gelegentlich doch überrascht von der Nachdenklichkeit und Tiefgründigkeit, mit der er seine Arbeit reflektierte: »Wenn ein Kunstwerk immer über sich hinausweist, wenn also die eigentliche Bedeutung nicht im Gegenstand liegt, sondern in einer höheren Ebene der Gedanken, wenn das Konkrete nur eine Chiffre ist, die auf eine Idee verweist, dann muß man diesen Umweg abkürzen. Wenn der Gegenstand nicht das Wesentliche ist, warum ihn dann nicht weglassen? Warum nicht gleich die reine Idee darstellen, die Kunst an sich? Das Problem ist nur wie! Wenn somit alle Sujets traditioneller Malerei verworfen werden, was bleibt dann, um die Idee sichtbar werden zu lassen? Meine Papierarbeiten!? (Die Flüchtigkeit des Seins). Die Malerei muß noch warten.«

Anmerkungen, Gedanken, Aphorismen wie diese vom 24. 9. 1990 füllten massenweise Zettel auf Tischen, an Pinwänden und in Papierkörben. Die Kunst, und nur die Kunst, interessierte ihn. Ihr hatte sich im Leben alles unterzuordnen. Deshalb setzte ihm auch so zu, daß er nach einer Augenlähmung nicht mehr so arbeiten konnte wie früher. Es entstanden noch die geknüllten, eingerissenen, gefalteten und gepreßten Papierarbeiten, die man als »typisch« ansieht und die er in den Themenkreis »Verletzungen« eingeordnet hat. Formen konnte er noch, aber Farben konnte er nicht mehr sehen.

Das ist bitter für einen Maler. Diese Augenlähmung hatte er sich Anfang der 1990er Jahre zugezogen, als er drei Jahre lang wie ein Besessener an einem zwei Meter großen weißen Gemälde – in der Mitte Titanweiß, außen Weiß – gemalt hatte. Ein Sammler bot ihm dafür fünfzigtausend Mark – da hat er es lieber zerschnitten. »Er wollte nicht verkaufen«, erläutert Galerist Sinn, »vor allem nicht an Leute, von denen er glaubte, daß sie seine Kunst nicht zu schätzen wissen.« Nicht das Vermögen sei sein Ziel gewesen. Ihm, dem ein Existenzminimum ausgereicht habe, ging es um die Anerkennung seiner Arbeit. Herbert Janouschkowetz hatte darunter gelitten, nur noch eingeschränkt künstlerisch arbeiten zu können. »Er hatte sich diese Situation sehr zu Herzen genommen«, sagt Martin Sinn. Das widersprach seiner Vorstellung von ernsthafter, gewissenhafter Arbeit.

Oberflächlichkeiten waren ihm ein Greuel. Deshalb sei er an Ehrungen auch nicht interessiert gewesen. Lieber produktiv sein als in Erfolg zu schwelgen, war seine Devise. Und produktiv war er. »Er sprühte vor Ideen, ging nie auf ausgetretenen Pfaden, sondern hat immer etwas Neues versucht«, erzählt Martin Sinn.

1981 habe er Janouschkowetz zum ersten Mal ausgestellt, seitdem habe sich eine persönliche Freundschaft entwickelt. Beim Künstlerfreund Janouschkowetz gab es viel zu lernen – zuallererst, sich selbst als Person nicht wichtig zu nehmen; dann überhaupt: Kunst zu sehen, zu beurteilen. Eindruck hat der Maler, Graphiker und Plastiker Janouschkowetz bestimmt zeit seines Lebens gemacht. Er war ein Bär von einem Mann, der den Menschen in seiner Umgebung Respekt einflößte und respektiert wurde. Am schwersten ist es, sich die Achtung von Künstlerkollegen zu erwerben. Herbert Janouschkowetz mußte um diese Achtung nicht betteln.

Er starb 69jährig im Dezember 2005 in seinem Wohnatelier in Ochsenfurt an Herzversagen. ¶