Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und München
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Foto: Jim Avignon

Foto: Wolf-Dietrich Weissbach

Frisch von der Rolle

Appetizer zum 32. Internationalen Filmwochenende

probiert von Achim Schollenberger

In der Kürze liegt bekanntlich die Würze, was heißen kann, daß die Kost äußerst inhaltsreich ist. Nicht so sehr in der optischen Umsetzung liegen die Stärken der drei »Dokumentarkurzfilme aus Irland und Polen«, sondern in den Geschichten, die sie erzählen. Es sind menschliche, welche auch in den Gesichtern der Protagonisten ihre Lebenslinien hinterlassen haben.

Die Geschichte von Willie Walsh, »Jdir dhà Shaol« könnte die vieler anderen sein – wahrscheinlich ist sie es –, denn heute ist einer von zehn Obdachlosen in England ein Ire. Auch Willie verlässt seine Heimat und macht sich auf den Weg. Auf der großen Nachbarinsel warten Arbeit und das private Glück, eine Familie wird gegründet. Alles läuft prima und könnte auch so weitergehen, wäre da nicht der Alkohol. Willies Absturz beginnt. Wieder runter von der Droge führt Willie die Zuschauer zu den Orten und Stationen seines Lebens.

Der wohl als Fernsehbeitrag konzipierte Film »For a Miracle« nimmt den Betrachter mit auf die Reise vom polnischen Kattowitz ins französische Lourdes. Anrührend, aber nie pathetisch dokumentiert der Film auch die kleinen Erwartungen der Mitfahrenden des nationalen polnischen Pilgerzuges für Behinderte auf dem Weg dorthin, ihre Suche nach etwas Hoffnung, Stärke und Durchhaltevermögen.

Die Tage von Hipolit Sikorski in »Philosophy of one man« neigen sich dem Ende zu, dennoch trifft der alte Mann in Polen eine mutige Entscheidung. Er will, gegen den Rat seiner Verwandten, eine Familie polnischer Heimatvertriebener aus der Ukraine einladen. Seine Beweggründe erzählt der belesene, in ärmlichen Verhältnissen lebende Mann selbst, die Kamera begleitet ihn durch seine Umgebung und zeichnet dabei neben dem Portrait einer faszinierenden Persönlichkeit ein Bild in sich ruhender Menschlichkeit.

Und weil es so schön passt, ein abendfüllender Beitrag zum Thema polnisch-irische Beziehungen: »Molly’s Way« führt von Newry in eine polnische Kleinstadt. Dort, inmitten der Tristesse stillgelegter Kohleminen, findet sie Unterkunft in einem Hotel, das sich allerdings als Bordell entpuppt, geführt von der verbitterten Britta. Molly ist auf der Suche nach Marcin, mit dem sie eine Nacht und einen Tag in Irland verbracht hatte. Akribisch beginnt sie ihre Suche. Sie verdingt sich als Putzfrau im Hotel. Man kommt sich näher unter den Frauen, kleine Freundschaften beginnen. Einfühlsam und mit einer sensiblen Maread Mckinley in der Titelrolle entwickelt sich die Suche. Wird Molly Marcin finden? Und was wird passieren, sollte sie ihn finden?

Weit weg von Polen spielt der Film »Monstertorsdag«. Wer denkt, Profisurfen sei eine rein Hawaiianische Angelegenheit, irrt: Auch im hohen Skandinavien, bei saumäßigem Wetter und miesen Temperaturen, gibt es Sportverrückte. Trotzdem geht es auch hier, neben dem Wassersport, um die Konstellation Mann und Frau, genauer gesagt: zwei Männer, Even und Thord, und eine Frau, Karen. Die war zuerst mit Even verheiratet, ist es aber nun mit Surfer Thord und von diesem auch schwanger. Even will sie aber irgendwie zurückgewinnen und beginnt, um sie zu beeindrucken, mit dem Surfen. Das scheint zwar weltfremd, so will es aber nun mal der Regisseur. Insgesamt gesehen hat der Film aber einen ganz guten, konsequenten Handlungsfaden und seine Qualitäten. Noch dazu ist ja Monstertorsdag, der Tag, an dem die Monsterwelle kommt …

»Love + Hate« von Dominic Savage ist ein sehenswertes Drama über den Umgang miteinander: Die 17jährige Nesima lebt mit ihrer aus Pakistan stammenden Familie in London. An ihrem neuen Arbeitsplatz lernt sie Adam kennen. Dieser, durch die eigene Familie eher fremdenfeindlich geprägt, weigert sich zunächst, auch nur ein Wort mit ihr zu reden. Nach und nach erwachen in ihm jedoch Interesse und eine Zuneigung, die auch erwidert wird. Doch es bleibt kaum Raum für Zärtlichkeiten zwischen den unterschiedlichen Kulturkreisen: Adams Bruder ist ein brutaler Schläger voller Haß auf die Einwanderer, Nesimas Bruder trifft sich zwar mit deren junger Arbeitskollegin, einer richtigen englischen Baby Doll, für die Frauen der eigenen Familie gelten jedoch nach wie vor die traditionellen »Männergesetze«. Die verfängliche Situation eskaliert. Der packende Film wird zur bedrückenden Studie über Ignoranz, Dummheit und zerstörerische Tradition, die nur in der Flucht Annäherung zuläßt.
Die Originalfassung bietet reichlich Dialekt, so sind die sprachlichen Feinheiten für Ungeübte zeitweise nur schwer bis gar nicht verständlich. ¶


»Dokumentarkurzfilme aus Irland und Polen«
Freitag, 27. 1., 22.15 Uhr – Bockshorn
Sonntag, 29. 1., 16.30 Uhr – CinemaxX

»Molly’s Way«
Freitag, 27. 1., 20 Uhr – Corso
Sonntag, 29. 1., 11 Uhr – CinemaxX

»Monstertorsdag«
Donnerstag, 26. 1., 20.25 Uhr – Corso
Freitag, 27. 1., 13.45 Uhr – Corso

»Love + Hate«
Freitag, 27. 1., 22.15 Uhr – CinemaxX
Samstag, 28. 1., 17.45 Uhr – Corso

www.filmwochenende-wuerzburg.de