Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und München
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Foto: Jim Avignon

Foto: Wolf-Dietrich Weissbach

Filme für junge Leute
jeden Alters

Eine Vorschau auf das 32. Internationale Filmwochenende Würzburg

von Manfred Kunz

Vier Tage im Januar, vom 26. bis 29. 1. 2006, steht das kulturelle Leben in Würzburg wieder ganz im Zeichen der Filmkunst aus aller Welt. Mit grundsätzlich unverändertem Konzept, aber etlichen Neuerungen und Verbesserungen im Detail geht das Festival in diesem Jahr in seine 32. Auflage.

Am auffälligsten ist zunächst ein neuer Spielort: Die renommierte Kabarettbühne Bockshorn ist ab diesem Jahr als vollwertige Festivalspielstätte ins Programm einbezogen. Dabei ist die Kooperation mit den Bockshorn-Betreibern Mathias Repiscus und Monika Wagner-Repiscus mehr als der Ersatz für einen weggefallenen Saal im CinemaxX, bieten doch die großzügige Bühne und das geräumige Foyer den idealen Raum für neue Veranstaltungsformen (wie die »Interaktive Multimediashow« mit Jim Avignon oder das »Maus«-Special mit Christoph Biemann) einerseits und für eine konzentrierte Gesprächs-Atmosphäre andererseits. Auch als Ort für festliche Ereignisse hat sich der Theaterraum bestens bewährt, weshalb in diesem Jahr die Eröffnungsveranstaltung mit dem Auftaktfilm »Viva Cuba« und dem anwesenden Regisseur Juan Carlos Cremata Malberti ebenfalls im Bockshorn stattfindet.

Um die Vernetzung zu verbessern und den Zuschauern den schnelleren Wechsel zwischen den Spielstätten zu ermöglichen wird in den Kernzeiten (Freitag, Samstag, 18 bis 21, Sonntag 17 bis 21 Uhr) erstmals ein für Festival-Besucher kostenloser Shuttle-Service zwischen Corso und CinemaxX bzw. Bockshorn eingerichtet. Zwangloser Treff und die Location für Gespräche zwischen Publikum und geladenen Gästen ist und bleibt die offizielle Festivalkneipe Standard, Oberthürstr. 11a mit ihren dem Festival angepassten Öffnungszeiten.

Ein weiterer neuer Spielort für zwei abendliche Sonderveranstaltungen ist das Jugendkulturhaus Cairo. Am Freitag schließt sich dort an das Film-Konzert »Sperrstunde« von Thomas Woschitz und der Gruppe Naked Lunch die zum festen Programmpunkt avancierte Filmparty mit Zündfunk- und den Resident-DJs des Tanzklub an. Binnen Jahresfrist zum Kult geworden ist die Trashfilm-Nacht; auch sie hat am Samstag mit dem Cairo einen größeren Spielort.

Damit unterstreicht die Filminitiative auch räumlich ihre Öffnung gegenüber einem jüngeren Publikum, ohne – und das sei hier ausdrücklich vermerkt – inhaltliche Zugeständnisse in Richtung Gefälligkeit zu machen. Filmisch zeigt sich das etwa an »Lost Children« [141, 351]* von Oliver Stolz und Ali Samadi Ahadi über das Schicksal von Kindersoldaten in Uganda, der Milieustudie »Italianetz« [144, 341] des russischen Regisseurs Andrej Kravchuk, der schwedischen Produktion »Babylonskujan« [225, 462] von Daniel Espinosa, dem französischen Film »Douches froides« [163, 346] von Antony Cordier, dem britischen »Love + Hate« [235, 344] von Dominic Savage oder dem israelischen »T’zaad katan« [263, 423] von Shadar Segal, die auch alle in den Wettbewerben um die verschiedenen Publikumspreise laufen.

An junge Filmfreunde wenden sich auch die gleichermaßen bewährten wie beliebten Programmpunkte »Die lange Nacht der Selbstgedrehten« [273] mit Arbeiten der Jungen Filmszene Unterfranken und das »Kammerflimmern« [316] mit Erstlingsfilmen von Studenten der Würzburger Fachhochschule. Der obligatorische Block mit Kinderfilmen wird in diesem Jahr ergänzt um einen »Tierfilmblock für Kinder« [312] und einen »Tierfilmblock für Erwachsene« [412].

Altersübergreifend ist die Fangemeinde der »Sendung mit der Maus«. In einem Special stellt Christoph Biemann auf der Bockshorn-Bühne live eine Auswahl seiner besten »Lach- und Sachgeschichten« [411, 413] vor. Auch bei den Nachtschwärmern sind alle Grenzen zwischen den Generationen längst obsolet: so wird das Genre der im letzten Jahr höchst erfolgreich wiederbelebten Nacht-Schiene mit einschlägigen asiatischen Produktionen aus Japan (»A Snake of June« [265, 357]; »Tokyo Drifter« [266, 327]) und Thailand (»Tears of the Black Tiger« [134, 226]) sowie aus Großbritannien (»Freeze Frame« [154, 347]) erneut ein zahlreiches Publikum erwarten.

Den Fokus auf hierzulande nahezu unbekannte Cinematographien richten je drei Produktionen aus Bulgarien und Georgien, die jeweils von eingeladenen Gästen vorgestellt werden. So stellen der bulgarischen Regisseure Andrey Paounov und Radoslav Spassov ihre Filme »Georgi and his butterflies« [222, 334] und »Stolen Eyes« [214, 336] vor, dazu kommt »Mila vom Mars« [331, 456] von Zornitsa Sophia; das kreative Filmschaffen der Kaukasusrepublik Georgien vertreten Levan Zakareishvili mit »Tbilisi-Tblisi« [164, 424] und ein Block mit verschiedenen Kurzfilmen [231, 311].

Außergewöhnliche Entdeckungen zu machen sind auch bei Filmen aus Sri Lanka (»Butterfly Wings« [254, 342] und »Fire Fighters« [121, 455] von Somaratne Dissananayake), aus Indien (»Amu« von Shanuli Bose [161, 242] und dem afrikanischen Kontinent, etwa beim aktuellen Film »Moolade« [363, 446] des Senegalesen Sembene Ousmane oder dem Klassiker »Buud Yam« [153, 443] von Gaston J.M. Kaboré aus Burkina Faso.

Während die iberische Halbinsel und Südamerika in diesem Jahr gar nicht vertreten sind, ragen aus dem einmal mehr breit gefächerten Angebot aus den europäischen Nachbar-Ländern Frankreich, Italien und Großbritannien sowie Skandinavien vor allem Produktionen aus der benachbarten Alpenrepublik Österreich heraus: so ist Jessica Hausner mit ihrem letzten Film »Hotel« [123, 461] vertreten, Jörg Kalt ist mit seinen »Crash Test Dummies« [264, 343] zu Gast, von Michael Glawogger läuft der Dokumentarfilm »Workingman’s Death« [162, 262] und von Thomas Woschitz die »Josef-Trilogie« [352, 451] und das Kurzfilm-Programm »Sperrstunde« zum Live-Konzert von Naked Lunch.

Last but not least: Die vom Publikum immer neugierig verfolgte inländische Produktion ist u. a. mit den mehrfach ausgezeichneten und ob ihrer eigenwilligen Ästhetik viel diskutierten Filme von Christoph Hochhäusler (»Falscher Bekenner« [356, 441]) und des in Würzburg geborenen Benjamin Heisenberg (»Schläfer« [345, 431]) vertreten, der im übrigen in einem weiteren Block seine gesamte bisherige Produktion an Kurzfilmen vorstellt [322, 435].

Die umfangreichen filmhistorischen Retrospektiven widmen sich in diesem Jahr der Andrej-Wajda-Schülerin Agnieska Holland, u. a. mit »Das dritte Wunder« und »Hitlerjunge Salomon« und dem rumänischen Regisseur Radu Gabrea (»Goldfadens Vermächtnis«, »Ein Mann wie Eva«).

Aus dem Dokumentarfilm-Programm herauszuheben sind, neben dem Würzburger Niels Bolbrinker und seinem autobiographisch inspirierten »Fluten« [133, 226], »Leben außer Kontrolle« [313, 432] von Bertram Verhaag und Gabriele Kröber über die Folgen gentechnologischer Versuche und »Welcome to the Real World« [221, 433] des Engländers Barney Broomfield.

Einschlägig und aus dem Festival einfach nicht wegzudenken sind die Kurzfilmblöcke I + II, sowie der Kurzfilmblock unseres polnischen Partnerfestivals KANN. ¶


* Die Zahlen in eckigen Klammern hinter den Filmen beziehen sich auf die jeweilige Nummer im Programmspiegel des Filmwochenendes.

Festival-Kinos sind neben dem Bockshorn im Kulturspeicher, Veitshöchheimerstr. 5 wie bisher das Corso, Kaiserstr. 28 (mit drei Sälen) und das CinemaxX, Veitshöchheimerstr. 5 a (mit zwei Sälen).

Der Vorverkauf für die Mehrfachkarten (5er für 20,– Euro und 10er für 35,– Euro) hat begonnen bei:
Buchladen Neuer Weg, Sanderstr. 23–25
Akademische Buchhandlung Knodt, Textorstr. 4
Buchhandlung Schöningh, Mensagebäude Am Hubland
Dort sind auch das ausführlich Programmheft (4,– Euro) und der Programmspiegel (kostenlos) erhältlich.

Einzelkarten (zu 5,– Euro) gibt es nur an den jeweiligen Kinokassen und nur für den jeweils aktuellen und den folgenden Tag. Dafür sind telefonische Reservierungen (Vorwahl 09 31) möglich: Corso (-5 16 16), CinemaxX (-4 52 12 80) und Bockshorn (-4 60 60 66).

Weitere Informationen und Mehrfachkarten für auswärtige Besucher: Festivalbüro der Filminitiative Würzburg
Mittlerer Neubergweg 10, 97074 Würzburg
Tel. 09 31-1 50 77, Fax 09 31-1 50 78

www.filmwochenende-wuerzburg.de