Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und Euerhausen
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Short Cuts & Kulturnotizen

Unlängst – Gerade soeben – Demnächst!
Was nicht dem Vergessen anheim fallen sollte – eine ganz subjektive Auswahl der Redaktion, nicht minder subjektiv kommentiert.


3. August, Jugendkulturhaus Cairo, und anderswo

Mujuk ist (endlich) wieder da. Nach allzu langer Pause ist die 20.(!) Print-Ausgabe des unabhängigen Musikfanzines aus dem Umfeld der Cairo-Macher und -Besucher, rechtzeitig zum musikalischen Sommerloch, erschienen. Wie immer mit der gewohnten Mischung aus Konzertberichten, Interviews, Comics, Gedichten, CD-Besprechungen, Kurzmeldungen und der umfangreichsten Konzertvorschau für den Herbst. Ein Muß für alle Konzertbesucher in Stadt und Land.

Nicht vergessen werden sollte in diesem Zusammenhang das Jubiläum eines weiteren Fanzine-Projektes aus Würzburg: Seit 20 Jahren erscheint Bad Alchemy, ein Produkt von rbd aka Rigobert Dittmann und einem eingeschworenen Team gelegentlicher Mitarbeiter. Die seit 1985 erschienenen 47 Nummern haben der »anderen Seite« der musikalischen Welt ein unverwechselbares Gedächtnis gegeben – und den Hörgewohnheiten so mancher Leser völlig neue Kontinente erschlossen. Und dank der nie versiegenden Neugierde und Leidenschaft des Machers ist ein Ende nicht in Sicht. Danke dafür, Rigo! [mk]

www.mujuk.de | www.badalchemy.de


31. August, CASABLANCA, Ochsenfurt

Das schönste und beste Kino der Region platzte aus allen Nähten beim Stelldichein der bundesdeutschen Filmszene. Angeführt von Kulturstaatsministerin Christina Weiss versammelte sich das »Who is Who« der Verleiher, Regisseure, Produzenten und Programm-Kinobetreiber zum alljährlichen Familientreffen. Als Preisträger des letzten Jahres – erstmals hatte mit dem Casablanca ein Kino aus einer Nicht-Großstadt den lukrativen Programm-Preis gewonnen – kam das Team um Gerd Dobner und Hannes Tietze in den Genuß, das diesjährige Treffen und die feierliche Preisverleihung ausrichten zu dürfen. Auch hier zeigte sich die sympathische Crew aus Ochsenfurt metropolentauglich – die Kelterhalle des Weingutes Schloß Sommerhausen bot den dazu passenden Rahmen. [mk]

www.casa-kino.de


14. August, Corso Kino, Würzburg

Ein Film, dessen Hauptdarsteller wiederum ein Film ist – eine seltene, wenn auch schon dagewesene Idee (vgl. die Arbeitsweise von z. B. Jean-Luc Godard). Spektakulär ist aber weniger die Idee, sondern der hier verhandelte Film: »Inside Deep Throat«, produziert von Oscar-Preisträger Brian Grazer (»8 Mile«, »A Beautiful Mind«). Erzählt wird die Geschichte des legendären Pornofilms der frühen 1970er Jahre – »Deep Throat« – in aktuellen Interviews mit dem Regisseur Gerard Damiano, dem männlichen Hauptdarsteller Harry Reems (Linda Lovelace, die weibliche Hauptdarstellerin, starb vor wenigen Jahren bei einem Autounfall) und anderen, ergänzt um Zitate und Zeitdokumente der späten Nixon-/Prä-Carter-Ära. Nun kann man (und frau) eine je eigene, dezidierte Meinung zum Thema Pornografie haben – aber der Film dreht sich nicht nur um das Fleischliche.
Viel interessanter und – leider wieder – aktueller ist der Blick auf die vorgeblichen Hüter der Moral, die seinerzeit nicht nur den Film in fast allen US-amerikanischen Bundesstaaten verboten haben (mit Nixon an der Spitze …), sondern soweit gingen, die Gesetzgebung, die Grundrechte betreffend, zu ändern. So verwundert es nicht, daß sich im Zuge der sexuellen Revolution der 1960er Jahre zuerst eine Allianz zwischen dem »Deep Throat«-Team und der Bürgerrechts- resp. Frauenbewegung bildete – bis Mitte der 1970er Jahre sich das Blatt wendete und Frauenrechtlerinnen verstärkt auch die aufblühende Pornoindustrie ins Visier nahmen (»PorNO!« – sicherlich vertretbar in 99% aller Vorkommnisse …). Linda Lovelace wendete sich ebenfalls von der gefeierten Sex-Darstellerin zur Gegnerin medial vermittelter Nacktheit – nur um in den 1990ern mit 51 Jahren noch einmal als Playmate zu posieren.
»Inside Deep Throat« bringt etwas Licht in die Verquickung von Sex, Geldinteressen, Moralvorstellungen, religiösem Fundamentalismus und politischen Machenschaften. Die Idee der Freiheit, die auch von den Fürsprechern und Fans von »Deep Throat« (darunter z. B. Camille Paglia oder Dennis Hopper, der im Original die Off-Erzählstimme spricht) betont wird, kommt allerdings nur bedingt rüber. Nicht wegen der paar Original-szenen, sondern wegen der doch etwas grellen Bildsprache der Regisseure Fenton Bailey und Randy Barbato, die beim Versuch, den Spirit der damaligen Zeit visuell nachzubilden, oft etwas zu tief in die Klamottenkiste greifen.
So wird »Inside Deep Throat« nie an den Ruhm des Originals herankommen – obwohl der filmisch nicht besonders gut war, wie Regisseur Damiano schmunzelnd zugeben muß. Und er fügt (sinngemäß) hinzu: »Damals hat der Film einen enormen Wirbel verursacht, heute glauben die jungen Menschen nicht einmal, daß das schon Sex ist …« [jk]

www.insidedeepthroatmovie.com



7. September, 20 Uhr, Theater Ensemble, Würzburg

»Der Keil« schlägt wieder zu: Ab dem 7. Sept. (Premiere) zeigt das umtriebige Theaterkollektiv, dessen Home-Basis und Ideen-Schmiede das Gasthaus Kult in der Landwehrstraße ist, seine Neuproduktion »Die Heuschrecken«. Ausgehend vom legendären Müntefering-Zitat, fügen sich Guy Debords »Gesellschaft des Spektakels« und Wolfgang Pohrts »Theorie des Gebrauchswertes« zu einem surrealen Bühnenmanifest, das nach Homer durchaus als Kommentar zur Endphase des Wahlkampfes und der darin verstrickten Personen verstanden werden darf. [mk]

www.theater-ensemble.net


3./10. September, Kulturforum Papiermühle, Homburg

Im Industriemuseum Papiermühle Homburg findet alljährlich ein Aktionsprogramm statt. Hauptthema dabei sind Geschichten rund um Papier und Kultur. Das Kulturforum der Mühle zeigt Ausstellungen von nationalen und internationalen Künstlern auf einer Fläche von ca. 500 qm.
In diesem Jahr findet im Umfeld des Museums ein besonderes Projekt statt: Eine israelische Künstlergruppe ist im August auf Reisen gegangen. Ziel war das Museum Papiermühle Homburg mit der Ausstellung »Die Reise«, Resultat der Begegnung zwischen israelischen und deutschen Künstlern im Laufe von zwei Wochen. Die Reisenden und ihre Gastgeber erzählen vom Kontakt mit Menschen, von Gesehenem und Erlebtem. Die Künstler werden sich über ihr Handwerk miteinander austauschen und dadurch in einen gemeinsamen Prozess eintauchen. Die daraus resultierenden Werke wie Papierarbeiten, Photographie oder Keramik werden in einer gemeinsamen Ausstellung (Vernissage am 10. September) präsentiert. Bereits am 3. September kann man den Zwischenstand begutachten. Wichtig: Nach der Vernissage ist der Zugang zur Ausstellung mit einem generellen generellen Besuch der Papiermühle verbunden (der sich ja auch lohnt!). [jk]

www.papiermuehle-homburg.de


24. September, 20 Uhr, Werkstattbühne, Rüdigerstr. 4

Gegen einen »seit Jahrzehnten in unserem Land herrschenden Kulturimperialismus« wendet sich der Spielplan 2005/06 der Würzburger Werkstattbühne, und setzt in der am 24. September beginnenden Saison ganz auf deutsche Klassiker und die europäischen Theaterautoren der klassischen Moderne.
Zum Auftakt inszeniert Manfred Plagens die Kindertragödie »Frühlings Erwachen« des Bürgerschrecks Frank Wedekind (1864–1918). Dieser Bühnenerstling aus den Jahren 1890/91 durfte aus »moralischen Gründen« erst 15 Jahre nach Erscheinen in Berlin uraufgeführt werden. Inzwischen zählt es mit seinem Mix an stilistischen Mitteln zu den Vorläufern des anti-illusionistischen Theaters und sein Autor als Wegbereiter des Expressionismus. Verhandelt werden darin Sprachlosigkeit und Unverständnis zwischen den Generationen – ein zeitlos aktuelles Thema. [mk]

www.werkstattbuehne.com


25. September, 20 Uhr, Kammerspiele, Theaterstr. 21

In ohnehin martialischen Zeiten – auf sozialem Gebiet im In-, auf militärischem Gebiet im Ausland – setzt sinnigerweise auch das größte Würzburger Haus auf die »Sprengkraft« des Theaters als Spielzeitmotto.
Da ist »Bambiland« von Elfriede Jelinek, Trägerin des Nobelpreises für Literatur 2004, genau das richtige Stück zum Start in den Kammerspielen. Denn in dem im Dezember 2003 am Burgtheater uraufgeführten Text reflektiert Jelinek nicht nur die konkreten Ereignisse des Irak-Krieges, sondern auch deren mediale Vermittlung und die Grundlagen des der Rezeption zugrundeliegenden westlichen Bewußtseins. »Ungerecht, polemisch und klarsichtig ist »Bambiland« einseitig, tiefgründig, ganz Ohr, ein musikalisches Kunstwerk – vielleicht das erste, das einzige sprachliche Ereignis des Krieges« (Frankfurter Rundschau).
Inszenieren wird die erstmalige Produktion eines Jelinek-Stückes in Würzburg die Regisseurin Hilde Schneider. Bestens bekannt ist sie als Co-Autorin und Regisseurin des Kabarettisten Georg Schramm. Premiere ist am 25. Sept. in den Kammerspielen des Mainfranken-Theaters. [mk]

www.theaterwuerzburg.de


Vom 15. September bis 2. Oktober findet der Schweinfurter »Nachsommer« zum sechsten Mal statt. Auf sechs Veranstaltungsorte verteilt, eröffnet sich eine weite kulturelle Palette, von der Tango-Nacht, einem Filmkonzert zu Edith Piaf (beides in der Halle 149 der SKF) und einer internationalen A-Capella-Nacht (im Konferenzzentrum) über Ausstellungen von Rupprecht Geiger, dem Mitbegründer der Gruppe ZEN 49, (Rathausdiele), von der Stuttgarterin Chris Nägele (Künstlerhof Oberndorf) und über den »kulinarischen Ausnahmezustand«, die »Schweinfurter Schlachtschüssel« (Konferenzzentrum Glashalle), bis hin zur Schiller-Matinee (Bibliothek Otto Schäfer), einem Rilke/Hindemith-Abend und zum Kulturforum (1.–9. Oktober) im Ernst-Sachs-Bad, wo zur Eröffnung am 1. Oktober sinnigerweise im alten Schwimmbecken zur »Wassermusik«, einer klanglichen Entdeckungsreise mit Textpassagen aus dem Roman von T. C. Boyle, geladen wird – und vieles mehr.
Musikfreunde sollten sich am Samstag, den 17. September, um 19.30 Uhr im Schweinfurter Konferenzzentrum auf der Maininsel zur »Last Night 05« einfinden. Pete York, Ex-Drummer der Spencer Davies Group (»Keep On Running«, »Somebody Help Me«, »I Am A Man”) und Musikerkollege des Saxophonisten Klaus Doldinger, gilt immer noch – nach 40jähriger Musikerkarriere - als »Top-Schlagzeuger« und will an diesem Abend das Publikum von der Verwandtschaft von Klassik und Rock überzeugen, woran wirkliche Rockkenner noch nie gezweifelt haben. Ihm zur Seite steht das Bayerische Kammerorchester unter Ulf Klausenitzer, Dirigent, Geiger und Professor an der Nürnberger Musikhochschule. Das Orchester feierte früher als »Kammerorchester Schloß Werneck« bereits große Erfolge.
Die Zusammenarbeit von Drummerlegende und hochkarätigem Ensemble verspricht höchsten Musikgenuß. [sum]

www.nachsommer.de


Nach vielen Nomadenjahren hat die Würzburger Tänzerin und Choreografin Lisa Kuttner eine Wirkstätte für ihre pädagogische Arbeit gefunden: Mitte September eröffnet sie in der Schießhausstr. 19 (hinter dem Arbeitsamt) ihren Tanzraum. Neben ihren Kursen für Zeitgenössischen Tanz, TanzTheater und Körperwahrnehmung sind jetzt auch Angebote für Kinder und Jugendliche im Programm. Die Veranstaltung »Tanzen am Sonntagabend«, die sich schon im Salon77 etabliert hatte, wird ebenfalls erweitert. [jk]

www.tanzraum.li


Und nochmal Tanzen: Schon seit Jahren wird Tango an der neuen Nationalgalerie in Berlin, im Museum für Völkerkunde in Hamburg oder im Tropenmuseum in Amsterdam getanzt. Jetzt öffnen sich auch in Würzburg Kunsträume allen tangobegeisterten Musikliebhabern, Tänzerinnen und Tänzern und allen, die einfach nur die dem Tango ganz eigene Atmosphäre an außergewöhnlichen Orten genießen wollen. Unter dem Motto Tango im Kunstraum finden die Veranstaltungen im Spitäle (11. September), auf der Arte Noah (25. September) und im Schloß Homburg (9. Oktober) statt. [jk]

www.tango-loco.de


Dennis Schütze darf zu Recht als einer der umtriebigeren Musiker der Stadt bezeichnet werden – dabei ist seine Bandbreite durchaus erstaunlich: Pop, Swing, Schlager, Country – und auch mal das eine oder andere Experiment. Bevor wir den Gitarristen, Sänger und Komponisten in einer der nächsten Ausgaben näher vorstellen, hier die aktuellen Live-Daten:
Die Vorstellung der aktuellen Musikstudenten-CD »Ewig jung und schön« erfolgt am 17. September ab 16 Uhr im AKW!-Biergarten: »Easy Listening for easy listeners«. Zwei Tage vorher heißt es, noch schnell den Kuhmist vom Absatz zu kratzen, wenn Will Handsome im Pleicher Hof aufspielt am 15. September um 21 Uhr (anschließend Country-Disco). [jk]

www.dennisschuetze.de