Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und im Ballsport
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Das Würzburg Jazz Orchestra

Saxophone:
Olaf Schönborn (Mannheim)
Matthias Zippel (Würzburg)
Marcus Kesselbauer (München)
Ralf Frohnhöfer (Mainz)
Dirk Orend (Würzburg)

Trompeten:
Florian und Felix Jechlinger (München)
Klaus Wangorsch (Würzburg)
Christoph Lewandowski (Würzburg)

Posaunen:
Oli Witzel (Weimar)
Jochen Welsch (Mannheim)
Thomas Gussner (Würzburg)
Christian Sommerer (Regensburg)

Gitarre:
Michael Arlt (Würzburg)

Piano:
Thomas Klopfer (Würzburg)

Bass:
Felix Wiegand (Würzburg)

Schlagzeug:
Uwe Breunig (Würzburg)

Musikalische Leitung:
Markus Geiselhart (Würzburg)

Foto: Würzburg Jazz Orchestra

Das Würzburg Jazz Orchestra

Jazz in einer Sommernacht …

von Andi Schmitt

Ein Sommerabend in Würzburg: Still, beschaulich und friedlich flanieren Pärchen vor Schlußverkaufs-Schaufenstern oder sitzen gut bürgerlich speisend in Straßenlokalen und halten Ausschau nach anderen interessanten Passanten.
Ganz besonders idyllisch mutet die Szenerie im malerischen Innenhof des Ratskellers an, wo die angeregten Gespräche der Gäste bei Kerzenschein ein sanftes Raunen in der lauen Sommerluft erzeugen. Dort verbirgt sich nebenan hinter einem rustikalen Tor noch ein weiterer Innenhof, der aufgrund des eigentlich eher zaghaften Bewuchses der dortigen Wände auch Efeuhof genannt wird und in den Sommermonaten die gelungene Kulisse für die Aufführung von Theaterstücken abgibt.

An diesem Montagabend im Juli jedoch fiebern die einschlägigen Fans einer Aufführung von etwas anderer Art entgegen:
Das Würzburg Jazz Orchestra ist angekündigt mit einem bunt gemischten Programm, das von zupackenden Big Band-Klassikern über eigene Kompositionen bis hin zu Schlager-Evergreens reicht. Hervorgegangen aus der Big Band der Jazz-Initiative Würzburg signalisiert man mit dem neuen Namen seit Anfang des Jahres Selbstbewußtsein und Eigenständigkeit.

Daß die Band längst den Kinderschuhen entwachsen ist, hat sie ohnehin schon häufig unter Beweis gestellt. Unter anderem fand dieses Jahr am Ostersonntag ein ganz besonderes Highlight im Mainfranken-Theater statt: Mit dem Konzert »A Tribute to Don Ellis« widmete sich das Würzburg Jazz Orchestra als erstes in Europa (!) der vitalen, rhythmisch vertrackten Musik des genialen, spleenigen Amerikaners, der 1978 leider viel zu früh mit 43 Jahren seinem dritten Herzinfarkt erlegen ist. Die wenigen Aufnahmen, die von ihm existieren, stellen allesamt Sternstunden der Big Band-Geschichte dar und sind – wie auch die dazugehörigen Noten – in Europa kaum erhältlich!
Nur durch persönliche Kontakte zu amerikanischen Musikern konnte es Markus Geiselhart, dem Leiter der Band, gelingen, das Notenmaterial zu importieren und das auch noch sprichwörtlich in der allerletzten Minute: Nach einer haarsträubenden Odyssee über diverse Post- und Zollämter, die offensichtlich von der Einschätzung ihrer Zuständigkeiten überfordert waren und der daraus resultierenden Rücksendung nach Amerika (!), kamen die Noten dann endlich nur wenige Tage vor dem Konzert in Würzburg an, worauf sich die Musiker sofort zu einer höchst intensiven, mehrtägigen Probensession zusammenfanden, um das Konzert nicht absagen zu müssen.

Was die Jungs daraufhin an jenem Sonntag ablieferten, kann nicht anders als fulminant bezeichnet werden, und forderte sogar dem eigens aus Wien eingeflogenen Gastsolisten und Newcomer-Star Thomas Gansch (Trompete) höchsten Respekt ab (siehe hierzu auch nummervier). Nicht zuletzt wegen dieser Vorgeschichte waren die Erwartungen also hoch gesteckt am Montagabend im fast voll besetzten Efeuhof.
Mit Bob Brookmeyers «Celebration Jig” ging es gleich zur Sache: Schwebende Bläserklänge, verhalten zu Beginn, dann festlich anschwellend, eine nervös treibende Rhythmusgruppe und darüber eine quirlige Baritonsaxophon-Solostimme boten eine wunderbare Einstimmung auf den Abend, der auch aufgrund des angenehmen Wetterumschwungs unmittelbar mediterrane Gefühle aufkommen ließ.

Überhaupt bewies Markus Geiselhart schon mit der Auswahl der Stücke ein glückliches Händchen. Neben weiteren Swing-Klassikern präsentierte er eigene Kompositionen, die nicht nur seine Liebe zur Big Band-Musik deutlich werden ließen, sondern auch die Ambition, in dieser Musik eigene, neue Akzente zu setzen. So erklingt schon mal als Hauptstimme in »Crazy Concepts From Vienna« die verzerrte Rockgitarre von Michael Arlt wie eine Hommage an Jimi Hendrix, was man in diesem Zusammenhang ja nicht so ohne weiteres erwarten würde, oder sorgen immer wieder Dissonanzen für ein Aufbrechen eingefahrener Hörgewohnheiten.

In der Komposition »Wongs Blues« des Bassisten Felix Wiegand konnte man wunderschön ökonomisch gesetzte Melodielinien genießen, und mit dem Beatles-Klassiker »Norwegian Wood«, »Azzuro« oder Catarina Valentes »I Love Paris« zeigte man keinerlei Berührungsängste zur Welt des Schlagers, wodurch sich insgesamt ein wirklich aufgelockertes und kurzweiliges Programm ergab. Die pure Energie von »House In The Country« und »Go Back Home« von Don Ellis schließlich mit einem – wie immer – brillanten Christoph Lewandowski machte noch einmal deutlich, welch eruptive Ausdrucksgewalt in diesem Klangkörper steckt, und entließ die begeisterten Zuhörer nach zwei Zugaben mit der Gewissheit, einem außergewöhnlichen Konzert beigewohnt zu haben, und der Vorfreude auf den nächsten Auftritt zu den Würzburger Jazztagen im kommenden Herbst. ¶


Im Mai/Juni 2006 geht das Würzburg Jazz Orchestra mit dem Don Ellis-Programm auf kleine Europa-Tournee.

Weitere Informationen unter:
www.wuerzburgjazzorchestra.de
www.markusgeiselhart.de