Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und der Halbwelt
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Joachim Koch
Foto: Wolf-Dietrich Weissbach
Kunst mit Ecken und Kanten

Ein Kubus von Joachim Koch


Aus der Distanz erkennt man auch, daß der Metallkörper die typischen Qualitäten Koch’scher Kunstwerke besitzt: Alle Eckpunkte, Kanten, Flächen und offenen und geschlossenen Teile stehen miteinander in Beziehung. Die Figur, die wie aus einem Block geschnitten erscheint, ist – genau betrachtet – ein kompliziert verschachtelter Körper, der an einer Seite hoch und auf der Gegenseite quer geöffnet ist. In der Form ergibt sich eine »doppelte T-Führung«, erläutert der Künstler, und Maschinenbauer werden wissen, was damit gemeint ist.

Der Bezug zum Metallhandwerk ist beabsichtigt. Das Kunstwerk aus Edelstahl des Bildhauers Joachim Koch (Kleinrinderfeld/Kaiserslautern) ist das Ergebnis eines engeren (d.h., die teilnehmenden Künstler werden persönlich eingeladen) Kunst am Bau-Wettbewerbs, den das Staatliche Hochbauamt Aschaffenburg im Auftrag des Bayerischen Staates ausgelobt hatte. Weil durch die Einführung des Studienganges »Mechatronik« (eine neue Metaller-Ausbildung, Mechanik und Elektronik verbindend) der Umbau eines Gebäudes der FH Aschaffenburg notwendig geworden war, stellte der Bauherr, das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, seinen Richtlinien entsprechend, eine Summe für die künstlerische Gestaltung zur Verfügung: € 30 000.– für eine Skulptur im Außenbereich, € 10 000.– für den Aufenthaltsbereich im Obergeschoß. Es stand den sechs eingeladenen Künstlern frei, beide oder nur eine Aufgabe zu bearbeiten.
Kochs Gestaltungsvorschläge, die er als Modelle in einem bestimmten Maßstab mit Materialproben einzureichen hatte, überzeugten in beiden Fällen das achtköpfige Gutachtergremium. Die speziell für die Außenanlagen gedachte Skulptur ohne Titel wurde wegen seiner Geschlossenheit und Wirkung besonders gelobt.

Im Herbst 2004 unterschrieb der Bildhauer den »Vertrag über die Ausführung von künstlerischen Leistungen«, darin war die Fertigstellung der Arbeit bis Ende Februar 2005 vorgesehen. Dann wartete er erst einmal zwölf Wochen auf die Lieferung des bestellten Materials, um schließlich feststellen zu müssen, daß die Fracht – 10 mm dicke, gelaserte Edelstahlplatten – durch Walzeinschlüsse auf Vorder- und Rückseiten unbrauchbar war …
Inzwischen haben sich die Nerven wieder beruhigt, und die kräftezehrende, vielwöchige Arbeit mit Schraubzwingen und Schweißgerät ist auch vorüber.
Das Werk ohne Titel, das jetzt noch in Seitenlage in der Werkstatt ruht, ist wetter- und korrosionsfest verschweißt, die Nähte verschliffen, die Winkel rechteckig, die Flächen ebenmäßig. Der Bildhauer Joachim Koch legt stets allergrößten Wert auf Genauigkeit. Sie ist sein ästhetisches Prinzip. Mangelnde Exaktheit würde die Ausstrahlung und den Ernst des Kunstwerks mindern. Da aber Metall die Eigenschaft hat, sich beim Schweißen zu verziehen, »muß auf regelmäßige Temperatureinbringung geachtet werden, um den Würfel in Form zu halten«, was mit sorgfältiger Planung, vielen Zwingen, zwei verschiedenen Schweißtechniken (WIG und MIG/MAG) und –zig inneren Aussteifungen, kleinen rechtwinkligen Metallteilen, geschieht.

Jetzt muß der Edelstahlkubus nur noch zum Glasperlenstrahlen, »um optisch eine gleichmäßige Oberfläche zu bekommen«, bevor er dann, Mitte April, seinen endgültigen Platz auf dem Außengelände der Fachhochschule Aschaffenburg einnehmen kann. Daß sich dort der Kubus von Joachim Koch in die Werke anderer hochkarätiger Künstler – darunter Hans-Jürgen Breuste, Rudolf Wachter, Daniel Spoerri, Michael Croissant – einreihen kann, freut den Bildhauer natürlich. Er fühle sich dort gut aufgehoben, sagt er.

Angelika Summa