Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und der Halbwelt
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Klaus Dietrich
Foto: Wolf-Dietrich Weissbach

Fränkische Volksweisen mit einem Schuß Verdi

Orchestermusiker Klaus Dietrich hofft auf Uraufführung seiner Komposition im Jahr 2005 in Würzburg

Eigentlich wäre es ein idealer Beitrag zum Stadtjubiläum gewesen: Dietrichs stark autobiographisch geprägte, mit Jazzelementen versetzte Komposition, in welcher der Soloposaunist 20 Jahre Arbeit im Orchestergraben Revue passieren läßt, ist gleichzeitig eine Art Huldigung an Mainfranken und seine Metropole Würzburg. Da wird, in wellenartiger Steigerung, der Main beschrieben, mit den Bassinstrumenten Posaune, Tuba und Cello, wie es sich für die »tiefste Stelle Würzburgs« gehört. Und jener für den gebürtigen Bochumer immer wieder beeindruckende Moment, wenn an Ostern mit einem Mal alle Glocken der fast 60 Kirchen läuten.
Das am Computer entstandene Demoband der Komposition ist inzwischen mehreren Kulturmenschen in Würzburg bekannt, so weiß zum Beispiel auch Generalmusikdirektor Daniel Klajner von Dietrichs Werk. Aber niemand, bedauert Dietrich, kam im vergangenen Jahr auf die Idee einer Uraufführung anläßlich des 1300 Jahre zurückliegenden Geburtstags Würzburgs. Dietrich hofft nun auf das kommende Jahr, am liebsten wäre dem »kompositorischen Seiteneinsteiger«, der sich in Workshops zum Komponisten fortbildete, eine Aufführung in der Neubaukirche, schließlich ist die Orgel das wichtigste Instrument der insgesamt 34 Musikinstrumente integrierenden Komposition.

Dietrich erzählt in seinem Werk für großes Orchester von den musikalischen Lektionen, die er seit dem Jahr 1979, in dem er als Musikstudent an die Würzburger Hochschule kam, gelernt hat. Und er berichtet von den Erfahrungen eines Orchestermusikers, der über viele Jahre hinweg Höreindrücke verinnerlicht.
Sein Werk, so der Posaunist, habe von jedem der »Großen« darum ein bißchen, eine Spur Hindemith also, eine Spur Wagner, eine Prise Richard Strauss und einen Schuß Verdi. Das eigentlich Fränkische an der Rhapsodie, deren Uranfänge in das Jahr 1994 zurückreichen, sind Volksweisen fränkischer Mundartdichter. In beinahe jedem dritten Takt klingt ein verfremdetes, von Dietrich interpretiertes Motiv eines Volkslieds an. Entnommen sind die Lieder einer 1979 von der unterfränkischen Bezirksheimatpflege herausgegebenen Mundartliedersammlung, mit der sich der Leiter der Jazzband »The Breakfast Allstars«  intensiv auseinandersetzte. Die Rhapsodie, sagt Dietrich, ist das »Produkt meiner kompositorischen Selbstfindungssuche«.

Zwischen Klassik, Jazz und Volksweisen lotet der Posaunist die Möglichkeiten aus, einen eigenen Stil zu finden. Was an der Komposition gelungen ist und was nicht, inwieweit sie »fränkisch« ist, will sagen: das fränkische Gemüt berührt, dies möchte er anläß-lich einer Aufführung nun herausfinden.
Mut macht ihm, daß sich sein ehemaliger Lehrer, der inzwischen verstorbene Würzburger Komponist Professor Berthold Hummel, von der Komposition angetan zeigte. Dietrich: »Jetzt bin ich neugierig, zu hören, was wohl der Würzburger, der Franke dazu sagt.«

Der Musiker rechnet insgeheim mit Verwunderung, auch mit Irritationen aufgrund der Verfremdung der fränkischen Volksweisen – denn allenfalls Fragmente aus der am Beginn der Rhapsodie zitierten Frankenhymne oder Motive des Kilianliedes werden herauszuhören sein, bei den Anklängen an »Großer Gott wir loben dich« wird es schon deutlich schwieriger. Töne aus dem Lied »Frank‘n mei Heemet« hingegen, »Trink mr nu a Schöppla Wei« oder »Weifräd« dürfte jedoch nicht einmal ein Kenner der Materie heraushören können. In diesem Fall lüftet nur die Partitur das Geheimnis, welcher Takt der symphonischen Dichtung von welcher Volksweise inspiriert ist. Leicht zu interpretieren sind hingegen die Stellen, in denen die Röhrenglocken zum Einsatz kommen – sie verweisen in schöner Eindeutigkeit auf Würzburg als Stadt der Kirchen und Türme.

Pat Christ