Nummer – Zeitschrift für Kultur in Herbipoli et Armoricae
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Unlängst – Gerade soeben – Neulich!

ORTE UND ZEITEN

Was nicht dem Vergessen anheim fallen sollte – eine ganz subjektive Auswahl der Redaktion, nicht minder subjektiv kommentiert:

01.12.2004, 19.30 Uhr, FISCHERZUNFT
Die Leonhard-Frank-Gesellschaft hat eine neue Vorsitzende: Christiane Koch folgt der langjährigen Vorsitzenden Marianne Wintergerst nach und führt seit 1. Dezember die Gesellschaft mit neuem Schwung ins 23. Jahr ihres Bestehens.
Das Gedenken und die Erinnerung an den bekanntesten Würzburger Schriftsteller (1882-1961) mit literarischen und kulturpolitischen Veranstaltungen am Leben zu erhalten ist weiterhin Aufgabe der 1982 gegründeten Gesellschaft. Für das Jahr 2005 ist, zusammen mit der Stadt Ochsenfurt, im Sommer eine Veranstaltung zum Roman Das Ochsenfurter Männerquartett geplant; in Vorbereitung sind außerdem einführende Erläuterungen zu den Romanen Franks, die Schülern und Jugendlichen den Einstieg in das Werk des Pazifisten und Gefühls-Sozialisten erleichtern sollen.
Frank als Drehbuchautor kennenlernen kann man bereits am 16. Februar 2005: Da zeigt das VHS-Kino (um 19 Uhr im CinemaxX 7) den Spielfilm Hotel Berlin von Peter Godfrey (USA, 1945) nach dem Roman Menschen im Hotel von Vicky Baum, an dessen Umsetzung Leonhard Frank während seines Exils in Hollywood entscheidend mitgearbeitet hat. Weitere Informationen: www.leonhard-frank-gesellschaft.de [maz]

16.01.2005, 20.15 Uhr, BOCKSHORN
Schon in nummereins hatten wir auf Weltmusik aufmerksam gemacht, die diesen Namen verdient. Die Schweizer Formation The World Quintett führt diesen universalen, musikalischen Anspruch gar im Namen – völlig zu Recht, wie sie bei ihrem faszinierenden Live-Auftritt im Würzburger Bockshorn unter Beweis stellte. Die fünf Einzelkönner benutzen die Klezmer-Musik aus ihrer Zeit als Kol Simcha »nur« noch als Ausgangsmaterial für etwas gänzlich Neues: Mit hemmungsloser Spielfreude leben sie ihre Virtuosität in jazzigen Improvisationen aus, mischen unterschiedliche musikalische Wurzeln aus zentraleuropäischer Klassik, mediterraner Exotik, osteuropäischer Folklore und freier Assoziation zu einem unverwechselbaren, harmonischen Ganzen, für das eigentlich keine passende Schublade bereitsteht. Und nehmen dabei ihr zunehmend begeistertes Publikum mit auf eine musikalische Reise um die Welt, die immer wieder direkt ins Herz eines jeden Besuchers zurückführt. [maz]

20.-23.01.2005, Tag und Nacht, CORSO & CINEMAXX
Das war ein Einstand nach Maß. Sichtlich von Erschöpfung gezeichnet und gleichermaßen erleichtert, präsentierte sich das Team des 31. Internationalen Filmwochenendes am Sonntagabend nach der Verleihung der Publikumspreise in den Sparten Spiel-, Dokumentar-, Kinder- und Kurzfilm.
Eine wahre Euphorie-Welle, die zwischen Publikum und Machern hin- und herpendelte und vor allem im Corso-Kino einmal mehr jene unbeschreibliche Würzburger Festivalatmosphäre erzeugte, der sich niemand wirklich entziehen kann, hatte die Besucherzahl in unerwartete Rekordhöhen getrieben. Fast 14 000 verkaufte Tickets (ein Plus von ca. 2000 Besuchern gegenüber dem Jahr 2004) bestätigten das behutsam modifizierte Konzept des neuen Leitungs-Trios Hannes Tietze, Susanne Bauer und Manfred Kunz. »Und das, ohne Zugeständnisse an das anerkannt hohe, inhaltliche Niveau des Festivals zu machen«, wie die Programmverantwortlichen betonten. »Wir freuen uns besonders über die zahlreichen neuen, überwiegend jungen Besucher (etwa bei den beiden Sonderveranstaltungen), sind aber genauso stolz auf unser treues und außerordentlich sachkundiges Publikum, das die Breite und Vielfalt unserer Auswahl honoriert hat und dafür gesorgt hat, daß in diesem Jahr keine einzige Vorstellung völlig den Bach runterging« gab Manfred Kunz den Dank an die Besucher zurück – und bekannte Sonntagnacht beim Pläne-Schmieden zu fortgerückter Stunde in der Festival-Kneipe Standard: »Da haben wir uns die Meßlatte für das Jahr 2006 ganz schön hoch gehängt. Aber das spornt uns alle natürlich um so mehr an!« [wdw]

Soul-Jazz Revisited … noch einmal:
QUARTESSENCE am 19.01.05, im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten
»35 Jahre Omnibus«

Hans-Peter Schrettenbrunner, Hans Molitor, Bernd Kremling und Michael Buttmann.
(Foto: Katharina Lüdtke)
Der Name der Veranstaltung kann durchaus als ihr Programm gelesen werden: »35 Jahre Omnibus«, 35 Jahre Live-Musik in Würzburgs wohl etabliertestem Jazz- und Folkclub – das deutet auf Rückblick, auf Bilanz, aber auch auf Traditionspflege hin, auf die bewahrende Erinnerung an die geliebten, leidenschaftlich geförderten und gefeierten musikalischen Spielarten eines halben Lebens.
In dieses Programm fügt sich der Auftritt von Quart-essence perfekt und geschmeidig ein. Ihre musikalische Reise führt allerdings zurück in eine Zeit, in der der Omnibus noch lange nicht zur Jam-Session geladen hatte, noch nicht die Bühne für bekannte und weniger bekannte Größen der nationalen wie internationalen Jazz-, Rock-, Blues- und Folkszene bereitgestellt hatte.
Es ist die Zeit der späten 50er und frühen 60er Jahre, in denen die Kompositionen von Herbie Hancock, Wayne Shorter, Kenny Burrell und anderen, die einen Großteil des Repertoires von Quartessence ausmachen, infiziert von der back to the roots-Idiomatik des Hard Bop, den Jazz durch zunächst eher zaghafte Fusionierungsversuche mit Pop- und Rockelementen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Die vorgebliche Modernität dieses Ansatzes, die sich hauptsächlich aus dem »neuen« Klang elektrifizierten Instrumentariums begründete, verdeckte dabei nur unzureichend dessen restaurative und traditionelle Tendenzen. Denn die Stoßrichtung war klar: Die zunehmende harmonische und rhythmische Komplexität des Bebop der 40er Jahre, die zunehmende »Europäisierung« im Cool Jazz der 50er Jahre à la Tristano oder Gil Evans, sollte der erdigen Bodenständigkeit schlichterer blues- und gospelgetränkter Songstrukturen weichen, die ja auch das musikalische Rückgrat von Rock und Pop bildeten.
Das (vor allem auch kommerzielle) Erfolgsversprechen dieser Idee erfüllte sich spätestens mit den über 500 000 verkauften Exemplaren von Miles Davis’ jazz-rockenden Bitches Brew-Album im Jahr 1970 – dem Gründungsjahr des Omnibus. Es verwundert nicht, daß in den 90er Jahren gerade musikalisches Material aus dieser Hard Bop/Soul-Jazz-Epoche zum begehrten Sampling-Stoff der angesagtesten Dancefloor-DJs wurde. Unterlegt mit HipHop- und House-Beats, reichten selbst kleinste Schnipselchen Horace Silvers oder Cannonball Adderleys dazu aus, den maschinellen Rhythmen den funky Groove menschlichen Lebens in hypnotischer Intensität einzuhauchen.
Solche Art verkürzter Rezeption ist die Sache von Quartessence nicht. Behutsam suchen sie nach einem Mittelweg zwischen reiner Kopie des Originals, also musealer Traditionspflege, und zeitgemäßer Interpretation.
Das Zeitgemäße betrifft dabei in erster Linie das Klangbild und die rhythmische Gestaltung, die zweifellos ihre Anstöße aus den Boxen des Dancefloors erhalten haben. Vergleicht man beispielsweise die Quart-essence-Version von Hancocks »Maiden Voyage« mit dem Original, so fällt sofort ins Ohr, daß der Klangschwerpunkt in den letzten 40 Jahren ziemlich weit in den Keller gerutscht ist und gleichzeitig die oftmals fast impressionistisch verhuschte, leichtfüßig tänzelnde Rhythmik der Vorlage einem kräftig akzentuierten, treibenden Beat Platz machen mußte.
Das verdankt sich zum einen dem recht fetten, funkgefärbten E-Bass-Sound von Hans-Peter Schrettenbrunner, zum anderen dem temperamentvoll harten, Snare- und Bassdrum betonenden Schlagzeugspiel Bernd Kremlings. Sitzt Michael Buttmann dazu noch am E-Piano und läßt seiner linken Hand – seinen »left people«, wie Lester Young zu sagen pflegte – zu viel Auslauf, nimmt die Transparenz im unteren Frequenzspektrum zeitweise allerdings rapide ab, der Klang wird tendenziell matschig und verschwommen.
Über all dem schweben in relativer Einsamkeit die Flügelhorn- und Trompetenlinien von Hans Molitor. Molitor ist sicher kein Freddie Hubbard oder Woody Shaw, muß und will das wohl auch gar nicht sein, obwohl sein Spiel deutlich in deren Richtung weist. Seine perfekte Technik und seine überaus geschmackssichere, melodische Gestaltungskraft haben allemal ihre eigenen Qualitäten. Über dem erdigen Fundament der Rhythmusgruppe gewinnen seine Linien eine melancholische Note, die zu durchaus heterogenen Assoziationen verführt. Einerseits fühlt man sich an jenen Effekt erinnert, der entsteht, wenn ein kleines Kind mit großer Begeisterung dem kecken Aufstieg seines mit Helium gefüllten Luftballons zusieht, bis es mit offenem Mund und großer Enttäuschung plötzlich feststellen muß, daß das Ding nicht mehr zu ihm auf die Erde zurückkehren mag; andererseits illustriert sich im scharfen Kontrast zwischen Fundament und Leadstimme sehr schön, und mit musikalischer Beredsamkeit, die historische Distanz zwischen den frühen 60er Jahren und heute, wird gewissermaßen ein kleines Panoptikum eines Ausschnitts der Jazzgeschichte in einem musikalischen Moment erschaffen.
Greift Buttmann zur Posaune, mildert sich die Schärfe des klanglichen Kontrastes merklich ab. Im zweistimmigen Satz von Trompete/Flügelhorn und Posaune liegen auch die ausgesprochenen Stärken der Buttmann’schen Eigenkompositionen, die sich ansonsten recht bruchlos in die Stilistik des dargebotenen Fremdmaterials einfügen.
Alles in allem kommt man letztlich doch wieder nicht an der Erkenntnis vorbei, daß der Mittelweg zwischen Konservativismus und Erneuerung auch im Jazz meistens nicht der goldene ist, nicht umsonst sind es die Lauen, also die nicht Heißen oder nicht Kalten, die der Herr nicht im Munde behalten wollte.
Vor deren Schicksal bewahrt sich Quartessence letztlich nur durch die immense Spielfreude und die unbestreitbare musikalische Kreativität jedes einzelnen Musikers. [jz]


SCHILLER zum Zweiten – und immer noch kein Ende
Zum Jahreswechsel eröffneten auch die großen Feuilletons mit mehrseitigen Texten das Schillergedenkjahr. Und das war erst der Einstieg.
Bis zu dem am 9. Mai 2005 bevorstehenden 200. Todestages des Dichters werfen die großen Publikumsverlage (vor allem Insel, Hanser und dtv) eine kaum mehr überschaubare Flut von Biographien, Werkausgaben und Einzelveröffentlichungen in die Buchhandlungen, starten ZDF, 3sat und Arte einen TV-Schwerpunkt »Schiller« und heben viele Theater Schillers klassische Bühnentexte auf die Spielpläne.
Das geht natürlich auch an Würzburg nicht spurlos vorbei. Bereits in der nummernull haben wir das Phänomen anhand der Würzburger Tell-Inszenierung umfassend gewürdigt (nachzulesen unter www.nummer-zk.de).
Der Blick in den aktuellen Theaterspielplan der Werkstattbühne und auf die Veranstaltungsvorschau der Würzburger Stadtbücherei fordert weitere Anmerkungen geradezu heraus. Ist es doch einmal mehr Wolfgang Schulz, der im »Würzburger März« das Phänomen »Schiller« mit gleichermaßen originellen wie hochkarätigen Gastspielen und Eigenproduktionen gehörig gegen den Strich bürstet. Im Mittelpunkt steht dabei das Programm Rittersmann oder Knapp?, ein heiteres, musikalisches Potpourri aus Balladen und Gedichten. Neben szenisch inszenierten Schiller-Balladen verspricht Schulz deftige Schiller-Parodien von Heinz Erhardt, Oskar Panizza, Lene Voigt und anderen.
Im Anschluss an diesen kurzweiligen und despektierlich-frechen Blick auf klassisches Bildungsgut folgt mit Kabale und Liebe das bürgerliche Trauerspiel schlechthin. Hermann Drexler wird dieses in der deutschen Bühnenliteratur seltene »well made play« um die weibliche Hauptfigur Louise Miller inszenieren. »Ein unvergleichliches Stück. Zwischen Erzengeln und Teufeln eine wilde Balgerei, bis über den Liebestod mit Limonade die bezwungenen Teufel den zerfleischten Engeln Beifall klatschen«, schrieb der junge Bertolt Brecht 1920 begeistert über dieses Glanzstück der von Lessing begründeten Gattung des »bürgerlichen Trauerspiels«.
Um dieses klassisch-unklassische Zentrum herum gruppieren sich etliche Gastspiele und eine Reihe von Lesungen. Vom 23. bis 26. Februar den Auftakt bildend, und zugleich aus dem Gesamtprogramm herausragend, spielt die Frankfurter Schauspielerin Barbara Englert alle (!) Rollen in einer auf anderthalb Stunden eingekürzten Fassung von Schillers Jungfrau von Orleans. Da tritt uns das Hirtenmädchen Johanna als junge Frau entgegen, die erst die französische Nation rettet und später ums Leben kommt. »Die sie umgebenden Ritter und Offiziere skizziert Barbara Englert in fliegendem Wechsel mit wunderbar flüssig gehandhabten Mitteln des Sprachgestus, der Mimik und der Körperhaltung. Das ist gleichermaßen ernsthaft und amüsant« (Frankfurter Rundschau).
Auch zum Finale überrascht am 27. und 28. Mai das Teatro de Pellegrini aus Osnabrück mit Räuber, Kabale und Amouren, in dem zwei Personen einen respektlosen – und auch tänzerischen – Querschnitt aus Schillers Stücken präsentieren. Dazwischen geschoben sind die drei sonntäglichen Lesungen in der Reihe »Sonntags Um Drei«. Hausherr Wolfgang Schulz liest am 13 .und 20. März Schillers Erzählung Der Verbrecher aus verlorener Ehre, Manfred Plagens präsentiert am 10. und 17. April in einer szenischen Interpretation Die Karlsschüler von Heinrich Laube über den jugendlichen Schüler die adäquate, biographische Ergänzung zu den monumentalen Biografien von Rüdiger Safranski und Sigrid Damm, und am 8. Mai liest der Berliner Autor (und Dozent für szenisches Schreiben) Jürgen Hofmann seine Erzählung Schillers Äpfel, Goethes Wein, in der er die Leidenschaften der beiden Klassiker zu einem erstaunlichen Finale verknüpft.
Wesentlich konventioneller, aber nicht weniger interessant sind die zwei Gäste im Frühjahrs-Programm der Stadtbücherei. Es sind die beiden oben erwähnten Autoren/Autorinnen der wichtigsten neuen Schiller-Biographien: Rüdiger Safranski und Sigrid Damm. Am 8. (Safranski) und 22. (Damm) April stellen sie ihre gänzlich unterschiedlichen Sichtweisen auf Leben und Werk des Klassikers vor – die philosophisch-ideengeschichtliche in Schiller oder Die Erfindung des deutschen Idealismus zum einen, der das Individuum, den Menschen Schiller ins Auge fassende Blick auf den unspektakulären Arbeitsalltag des Dichters zum anderen. Zwei Perspektiven, die sich nicht widersprechen müssen, sondern ergänzen können im Blick auf den ersten modernen Weltbürger, der zugleich Dichter der Freiheit und der Jugend war (und ist?). [maz]

Schiller in Würzburg - auf einen Blick:

Theater:
Schillers Jungfrau von Orleans – Gastspiel mit Barbara Englert am 23., 25. und 26. Februar, Werkstattbühne;
Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp? – eine amüsante Balladen-Collage, zusammengestellt und in Szene gesetzt von Wolfgang Schulz; Premiere am 5. März, Werkstattbühne;
Kabale und Liebe – Regie: Hermann Drexler; Premiere am 23. April, Werkstattbühne;
Räuber, Kabale und Amouren mit Teatro de Pellegrini (Osnabrück) am 27. und 28. Mai, Werkstattbühne;
Wilhelm Tell am 20. Februar und 31. März im Würzburger Stadttheater.

Lesungen:
Der Verbrecher aus verlorener Ehre von Friedrich Schiller, gelesen von Wolfgang Schulz am 13. und 20. März, Werkstattbühne;
Die Karlsschüler von Heinrich Laube, in einer szenischen Lesung interpretiert von Manfred Plagens am 10. und 17. April, Werkstattbühne;
Schillers Äpfel, Goethes Wein von und mit Jürgen Hofmann am 8. Mai, Werkstattbühne;
Schiller oder Die Erfindung des deutschen Idealismus (Hanser Verlag) von und mit Rüdiger Safranski am 8. April, Stadtbücherei Würzburg;
Das Leben des Friedrich Schiller – Eine Wanderung (Insel Verlag) von und mit Sigrid Damm am 22. April, Stadtbücherei Würzburg.


Franziska Messner-Rast in der Uhlenmühle, Aub

E. M. Cioran, Friedrich Dürrenmatt

Ohne großspurige Attitüde: Die Arbeiten von Franziska Messner-Rast, die im Januar in der Uhlenmühle in Aub bei Ochsenfurt ausgestellt wurden. Die Schweizer Fotografin zeigte zwanzig S/W-Fotografien, Porträts von Schriftstellern, Künstlern, Philosophen, die zwischen 1980 und 1995 aufgenommen worden sind und die natürlich schon von den Respekt erheischenden Persönlichkeiten profitieren. Es mag durchaus stimmen, daß man einen Dürrenmatt, Ionesco, Habermas, Cioran, Gadamer, Bichsel oder Jünger – um einige zu nennen – gar nicht fotografieren kann, ohne daß letztlich doch ein interessantes Bild entsteht.
Eingedenk dessen aber verblüffen die Bilder von Franziska Messner-Rast dadurch, daß sie so überhaupt entstehen konnten. Als wäre die Fotografin stundenlang unbeweglich mit im Raum gesessen, bis die Porträtierten ihre Anwesenheit vergessen hatten. Nichts erscheint inszeniert, in Pose gerückt wie etwa bei Arnold Newman oder Isolde Ohlbaum, bei der der »Fotograf« zumindest stets spürbar bleibt. Messner-Rast, die in St. Gallen ein Atelier betreibt, fotografiert eigentlich schon verboten traditionell mit weitgehend normaler Optik im vorhandenen Licht, denunziert dabei nicht, und zeigt ihre Geistesgrößen vermutlich auch nicht so, wie die sich sehen, sondern schlicht nach innen gekehrt, in Gedanken versunken (ohne Denker-Geste), bei der Arbeit an einem Bild, an einem Buch. Eine faszinierende Ausstellung, die hoffentlich viele gesehen haben.
PS: Die S/W-Fotografien von Christoph Höhmann, die gegenwärtig das Café Brückenbäck dekorieren, lohnen gleichfalls die Beachtung. [wdw]