Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und Caen
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Otto Schmitt-Rosenberger
Portrait von Dieter Stein
(Abbildung mit freundlicher Genehmigung des Künstlers)
Nachruf

Otto Schmitt-Rosenberger

1928–2004

Ziseliert sollte sein, was er schrieb, ausgefeilt, gedrechselt. Die einfache Formulierung, der gewöhnliche Satz müssen ihm ein Greuel gewesen sein – wie platt, so ein Satz mit Subjekt, Prädikat, Objekt: Die Inversion war seine Spezialität, etwas Ungewöhnliches, Gesuchtes, Verblüffendes mußte an den Anfang.
Das ist, das war der Kampf mit dem Gewöhnlichen, den jeder kämpft, der einen auffallenden, einen literarischen Stil sucht. Solange ich Otto Schmitt-Rosenberger gekannt habe, war er in diesen Kampf verstrickt. Er hat dafür im Würzburger, wohl sogar im unterfränkischen Raum keinen Gefährten gehabt. Und seit er sich aus den Tagesquerelen immer mehr zurückgezogen hatte, war diese Stelle unbesetzt: Früher nannte man so jemanden »eine Feder« und drückte damit seine stilistische Könnerschaft aus.
Die literarische Funktion ist verwaist, aber auch die organisatorische: Seither ist der »Verband Fränkischer Schriftsteller« verschwunden, ist er in den »Autorenverband Franken« aufgelöst und hat seinen Sitz im mittelfränkischen Raum genommen. Otto Schmitt-Rosenberger hielt im Kulturbeirat, im Dachverband Freier Würzburger Kulturträger und in mancher literarischen Gesellschaft die Fahne der Schriftlichkeit hoch. Seit seine Kräfte nachließen, hat wohl kaum noch jemand für sich in Anspruch genommen, unterfränkischer Schriftsteller zu sein – eine ohnedies immer schon prekäre Position. Nicht umsonst rekurrieren literarisch Interessierte, wenn sie schriftstellerische Größe mit Würzburg koppeln wollen, auf Kleist – und erschauern ob des Anlasses.
Frühere Würzburger Werbeslogans lauteten : »In Würzburg hat man Zeit zu leben« oder »In Würzburg beginnt der Süden« –, vielleicht nicht ohne Wahrheit, aber für künstlerische Leistungen wohl kein gar zu günstiger Nährboden.
Ist jetzt, mit Otto Schmitt-Rosenberger, die literarische Ader der Unterfranken endgültig versiegt, oder nur vorläufig?
Unser Eingedenken gilt voll Trauer der liebenswürdigen Person und ihrer fast schon altmodischen Statthalterschaft für etwas Entschwundenes.

Berthold Kremmler