Nummer – Zeitschrift für Kultur in Würzburg und Oberwaldbehrungen
< zur nummer 24

 


Der Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst Dr. Thomas Goppel und der Berliner Kunstsammler Peter C. Ruppert.
Fotos: Achim Schollenberger

Cheeeeeeeese: Fotoshooting mit Eric Snell, Norman Dilworth, Marlene Lauter, John Carter und Jeffrey Steele.
Im »festlichen« Rahmen die Museumsdirektorinnen Marlene Lauter und Beate Reese.

Zur Feierstunde dort lang …

Der Würzburger Kulturspeicher wurde 5

von Achim Schollenberger

Man schrieb den 22. 2. 2002. Ein schönes, konkretes Datum dachte sich wohl auch der damalige Oberbürgermeister Jürgen Weber, um noch schnell mitten im Wahlkampf, vielleicht auch durch düstere Ahnungen geplagt, daß der Job im höchsten Stadtamt neun Tage später verloren gehen könnte, das neue erste Haus am Platze in Sachen moderner Kunst der Öffentlichkeit zu übergeben.

Der Kulturspeicher, ein Millionen teures Prestigeobjekt, lange in der Diskussion, durch Turbulenzen gebeutelt und Querelen begleitet, öffnete an diesem Tag in Würzburg endlich seine Pforten. Daß damals wohl alles schnell über die Bühne gehen mußte, zeigte das eher bescheidene Rahmenprogramm zum Festakt. Um 16 Uhr gab es Grußworte, anschließend ein individueller Museumsrundgang durchs neue Gebäude mit reich gefüllten Sälen konkreter, überregionaler und lokaler Kunst, oder halbstündlich eine Führung durch selbige. Ab 17.30 Uhr Stehempfang im Erdgeschoß, umrahmt von musikalischen Hintergrundsdarbietungen, vorgesehenes Ende 19 Uhr.

Fünf Jahre und 250 000 Besucher später ein ganz anders Bild. Man hat sich ins Zeug gelegt, schließlich hat man allen Grund dazu. Das Museum im Kulturspeicher hat sich prächtig gemausert. Gleich drei Tage lang, zum Teil bis kurz nach Mitternacht, zelebrierte man vom 23. bis 25. Februar den 5. Geburtstag, feierte mit über 1500 Gästen ein abwechslungsreiches und genußvolles Fest.

450 geladene, darunter viel Prominenz und viele weniger Prominente, lauschten Freitagabend, beim eigentlichen Festakt, den Glückwünschen des Bayerischen Staatsministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dr. Thomas Goppel, Oberbürgermeisterin und Weber-Nachfolgerin Dr. Pia Beckmann, den beiden Museumsleiterinnen Dr. Marlene Lauter und Dr. Beate Reese sowie Prof. Dr. Dieter Schäfer vom Freundeskreis Kulturspeicher, bevor sie sich den von Christoph Unckell gestifteten, wohlschmeckenden Darreichungen aus dem Hotel Rebstock widmeten. Mittendrin zahlreiche Künstler, einige von ihnen extra zu diesem Anlaß von den Britischen Inseln, Frankreich oder der Schweiz angereist, um zusammen mit dem Sammlerehepaar Peter und Rosemarie Ruppert aus Berlin die wohlverdienten Früchte des Ruhms zu genießen.

Ein besonderes Jubiläum, auch wenn es ein noch junges ist, ist immer ein guter Grund, eine kleine Bilanz zu ziehen, und dies tat auch vor allem Dieter Schäfer in humorvollen, launigen Worten, gewürzt mit so manchem Seitenhieb. Längst hat sich die Ansammlung von konkreter Kunst vom teurem »Sperrgut«, wie sie einmal respektlos ein Stadtrat bezeichnet hat, auch in den Köpfen der Würzburger zu einer sehenswerten, hochkarätigen Bereicherung entwickelt. Was sicher, ob des vielfach anderweitig fokussierten, fränkischen Kunstgeschmacks einiges an Aufklärungs-und Überzeugungsarbeit brauchte.
Der Bayerische Museumspreis, verliehen im Jahr 2005, war nicht zuletzt auch der Lohn für eine gelungene, engagierte Arbeit des gesamten 17köpfigen Museumsteams und den vielen freiwilligen Volunteers, ohne die, wirft man einen Blick auf die Haushaltslage des Hauses, so manches Projekt nicht hätte gestemmt werden können.

Wer Geburtstag hat, bekommt normalerweise auch Geschenke, schließlich kann man sich von honorigen Glückwünschen, seien sie auch noch so herzlich, wenig kaufen. Angesichts knapper öffentlicher Mittel, spärlich gefüllter Kassen und eines fehlenden Ankaufs­etats wünschten sich Marlene Lauter und Beate Reese denn auch als Geschenk am liebsten ein oder mehrere Kunstwerke für die Städtische Sammlung, dem zweiten Schwerpunkt des Hauses. Vier davon hatten sie zur Auswahl präsentiert, darunter ein Werk des in Würzburg geborenen, berühmten Malers Hans Reichel (1892–1958) und eine Bronze-Tänzerin des Bildhauers Rudolf Belling (1876–1972). 15 000 beziehungsweise 40 000 Euro sollen diese beiden ins Auge gefaßten Kunstwerke kosten. Kein leichtes Unterfangen also, dafür Sponsoren zu motivieren, die vielleicht gestärkt durch freie Kost und Gratis-Getränke doch den einen oder anderen Obolus zurücklassen würden. Ob dieses Bemühen ebenfalls Früchte getragen hat oder nach entsprechender Verdauungspause noch üppig zu Buche schlägt, wird sich – hoffentlich positiv – zeigen.

Damit das Museum ein lebendiger Ort bleibt, an dessen Wänden es nicht nur stumme Zeugen der Kunst zu bewundern gibt, wurde in den vergangenen Jahren zusammen mit dem Freundeskreis des Kulturspeichers auch die Reihe der »Künstlergespräche« entwickelt, in deren Rahmen immer wieder Künstler, welche in der Sammlung Konkreter Kunst von Peter C. Ruppert vertreten sind, nach Würzburg eingeladen werden, um persönlich über ihre Werke zu sprechen.

Ganz im Zeichen dieses Projektes und des »Union Jacks« stand deshalb der »british afternoon« am Samstag: Man lud ein zu Dia-Präsentationen über Kunstwerke und Kunstströmungen, aber auch zur inspirierenden »Tea Time« zwischen Linie und Farbe. Sechs Stunden lang referierten Dr. Alan Fowler und Prof. Dr. Robert Kudielka, dazu die vier angereisten Künstler, John Carter, Norman Dilworth, Eric Snell und Jeffrey Steele in 45minütigen Vorträgen über die Besonderheiten der britischen Konkreten Kunst oder gaben bereitwillig Auskunft über die eigene Arbeit. Unkompliziert, mit entspanntem Understatement, stellten sie sich in den Pausen bei einer Tasse Tee oder Kaffee, Marmeladeschnittchen, Cheddar Cheese-Häppchen oder einem Schluck Malt-Whisky zum Small Talk und den vertiefenden Fragen des Publikums.

Sicherlich lockte diese Veranstaltung, die einiges Sitzfleisch abverlangte, ob ihres speziellen Inhalts mehr die Insider, im Gegensatz zum großen »Run« am Sonntag. Als kleinen Anreiz für den Museumsbesuch gab’s, als kleines Geschenk des Hauses gewissermaßen, ermäßigten Eintritt. So schlängelten sich über 900 Besucher durch die aktuelle Ausstellung »Ausgerechnet …«, konnten dabei der Verbindung von Kunst und Mathematik auf die Schliche kommen, flanierten durch die anderen Säle der ständigen Sammlungen oder lauschten auf geführten Parcours den Bürgern der Stadt, die unter dem Begriff »unser Museum« ihr Lieblingskunstwerk vorstellten. Die Museumspädagogik hatte ihre Türen geöffnet, nicht nur zur Freude der Eltern, denn so konnten die jungen Besucher unter kundiger Aufsicht und Anleitung sich manches kleine Kunstgeheimnis verraten lassen und gleich selbst ausprobieren, wie das denn nun funktioniert.

Und wer nach üppigem Kunstgenuß eine leibliche Stärkung brauchte, konnte an der reich gedeckten Geburtstagstafel fündig werden. Wohl in Anlehnung an das Jubel-Datum gab es 22 leckere Kuchen und selbstverständlich die obligate Torte. ¶